Trauung
17.9.1977 Wolfenhausen
288, 1.2 In dir ist Freude
188, 4.5 Die Gottesgnad
228, 1-3 Nun danket alle
Gott
Galater 6,2
Herr Gott, himmlischer
Vater,
der du Mann und Frau
füreinander geschaffen hast,
wir bitten dich,
gib deinen Segen zu unserm
Vorhaben und lass uns auf dich hören, damit wir deiner Gnade teilhaftig werden,
durch unseren Herrn Jesus
Christus, deinen Sohn, der mit dir und dem heiligen Geist lebt und regiert in
Ewigkeit.
Herr, unser Gott,
wir bitten dich:
Sei mit diesen Eheleuten auf
ihrem gemeinsamen Lebensweg. Hilf du ihnen, dass sie ihr Vertrauen bewahren und
einer des Anderen Last tragen lernen. Sei du mit deiner Gnade und Vergebung bei
ihnen und bei uns allen.
Galater 6,2
Es gehört viel Vertrauen zu
dem Schritt, den ihr beiden miteinander tut, und den wir heute mit euch
zusammen festlich begehen: Selbstvertrauen; denn es ist keine Kleinigkeit, die
Entscheidung für einen anderen Menschen zu treffen und öffentlich zu dieser
Entscheidung zu stehen: Die ist es, und der ist es, mit dem ich zusammen gehen
und mein Leben lang zusammen bleiben will. Nicht nur Selbstvertrauen, sondern
erst recht das Vertrauen zueinander: Er wird mich nicht enttäuschen. Ich kann
mich auf ihn verlassen. Wir werden glücklich sein miteinander. Doch solches
Vertrauen, das ihr zueinander und zugleich zu euch selbst zeigt, ruht ja noch
auf einen breiteren und tieferen Vertrauen: Dass ihr miteinander Zeit haben
werdet, ein Leben lang. Dass ihr Gesundheit und Kraft haben werdet, miteinander
etwas zu werden und einen Platz zu gewinnen und zu behaupten im Leben, der euch
Achtung und Auskommen sichert. Vertrauen, dass euer Leben in dieser Welt gut
werden kann, erfüllt und glücklich. Es fiele schwer zu sagen: Das ist im
Vertrauen in diese Welt. Ich brauche nicht zu schildern, was uns alles in
dieser Welt begegnet, um damit zu begründen: Diese Welt verdient nicht unser
Vertrauen, und sie ist nicht der Grund dieses Vertrauens. Das geht weiter – zu
Gott, dem Herrn und Schöpfer dieser Welt.
Selbstvertrauen – Vertrauen
aufeinander – Gottvertrauen: Das gehört zu dem Schritt, den ihr beiden getan
habt, und den wir nun miteinander festlich begehen. Dazu denken wir jetzt
miteinander nach, um uns das klar zu machen. Aber nicht nur das. Solches
Vertrauen ist ja nicht stumm. Es hat seine Zeichen in denen es sich ausdrückt,
den Blick, den Händedruck, die Umarmung, die sagen: Ich vertraue dir. Nun soll
aber auch jenes breitere und tiefere Vertrauen, das ich als Gottvertrauen
bezeichnet habe, nicht stumm bleiben. Wir sagen es heraus, indem wir unsere
Loblieder miteinander singen. Und wir vernehmen den, dem dieses Vertrauen gilt,
indem wir jetzt auf das Wort des Apostels Paulus aus dem Galaterbrief hören:
Einer trage des anderen Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.“
Man könnte sich gewiss ein
festlicheres Wort denken als dies, das wir uns miteinander für diese Stunde
ausgesucht haben. Aber es soll ja mitgehen, dieses Wort, als Erinnerung und als
Mahnung und erst recht als Hilfe, die euch anleiten soll, das Vertrauen zu schützen
und zu bewahren, in dem ihr miteinander euren Weg geht. Denn dieses Vertrauen,
so kostbar und notwendig es ist, ist doch keine Selbstverständlichkeit. Es ist
bedroht. Zwei Richtungen will ich nennen, aus denen diese Bedrohung kommen
kann:
Da ist die Vergangenheit,
die jeder von euch mitbringt auf dem gemeinsamen Weg. Sie hat euch geprägt, und
es ist nicht leicht, dort von ihr loszukommen, wo sie das gemeinsame Leben
stört. Vielleicht erinnert ihr euch an das Märchen, das so beginnt: Ein junger
Graf begegnet einer alten Frau, und hilft ihr tragen: Ein Tuch voll Gras, zwei
Körbe mit Äpfeln und Birnen. Und die Last wird ihm schwer. Als es nun den Berg
hinauf geht, da springt die Alte auch noch auf das Bündel und treibt den jungen
Mann an, indem sie ihm mit Brennnesseln auf die Waden schlägt. Und trotzdem er
es versucht, kann er die Last nicht loswerden. Im Märchen ist das eine Probe,
denn als der Graf seine Königstochter gefunden hat, verschwindet die Alte und
lässt dem jungen Paar ein schönes Schloss zurück – sie war keine böse Hexe,
sondern eine gute Fee. Aber das ist leider nur im Märchen so. Ich habe es oft
schon beobachtet, welche Last es ist, wenn die Mutter oder der Vater, eine
Tante oder wer immer es sein mag, in eine Ehe hineinredet – sie brauchen dazu
gar nicht da zu sein! Es genügt die Erinnerung, die alte Angst, es nicht recht
zu machen, der Gedanke daran, dass dies oder das daheim doch besser war. Über
solcher Last der Vergangenheit kann eine Ehe zerbrechen. Darum achtet hier
aufeinander. Nehmt eines dem andern diese Last ab. Und wisst: Das Gesetz
Christi heißt: Vergebung!
Solche Vergebung, still
schweigend gewährt oder auch einmal ausgesprochen, heilt das Vertrauen, wo es
durch die Vergangenheit bedroht ist.
Es gibt aber auch eine
Bedrohung dieses Vertrauens, die kommt aus der Zukunft. Das ist das Verlangen,
sich immer mehr leisten zu können, immer weiter zu kommen. Jetzt ein Auto,
jetzt eine größere Wohnung, jetzt neue Möbel – vielleicht irgendwann einmal
dann auch ein Kind. Aber das Wünschen und Hoffen ist da immer voraus – es hat
keine Zeit für das, was da ist. Darf ich noch einmal an ein Märchen erinnern –
die Geschichte vom Fischer und seiner Frau, die sich von dem Wunderbutt erst
eine Hütte wünscht, und dann ein Schloss, und dann will sie König werden und
Kaiser und Papst – und schließlich will sie gar sein wie der liebe Gott und
selbst die Sonne und den Mond aufgehen lassen. Da ist es vorbei mit der ganzen
Herrlichkeit, und sie hat nichts! So bedroht die Zukunft das Vertrauen, und
fällt als Last auf den, der die Zeit nicht hat für das, was jetzt da ist. Nehmt
einer den andern diese Last ab und wisst: Das Gesetz Christi heißt Gnade, das
unverdiente Geschenk!
Vergebung dort, wo die Last
der Vergangenheit euer Vertrauen bedroht, gerade dort, wo die Last der Zukunft
euch die Zeit stehlen will, darauf weißt der Spruch, der euch in eure Ehe
begleiten soll!
(Amen)