Himmelfahrt 2003  Stübach / Hambühl

129,1-3               Freut euch, ihr Christen

766                     Ps 71

121,1-4               Wir danken dir

(123,1                 Jesus Christus herrscht)

122,1-3               Auf Christi Himmelfahrt

421                     Verleih uns Frieden

Apg 1,3-11         Lk 24,44-53

 

Liebe Gemeinde!

So geht die Geschichte Jesu aus, wie sie uns der Evangelist Lukas erzählt: Jesus, der Auferstandene führt seine Jünger hinaus aus Jerusalem, nach Bethanien, wo sie oft zusammen waren. Er hebt die Hände auf und segnet sie. Und indem er sie so segnet, geht er weg von ihnen, fährt auf gen Himmel, verschwindet in die unsichtbare Welt. Und die Jünger fallen nieder und beten ihn an: So gebührt das Gott selbst als Ehrenbezeugung. Wir kennen das von dem Gebetsgestus der Muslime. Und dann kehren sie mit Freude zurück in die Stadt Jerusalem und preisen Gott. So geht die Geschichte Jesu aus. Gut geht sie aus.

Nicht nur Kinder wollen das, dass eine Geschichte gut ausgeht. Wenn meine Frau, wenn ich unseren Kindern eine Geschichte vorlesen wollten, dann haben sie zunächst vorsichtshalber gefragt: Geht sie auch gut aus, diese Geschichte? Und wenn wir das bestätigen konnten, dann war sie dran, diese Geschichte, konnte vorgelesen werden. Nicht nur unsere Kinder wünschen sich, dass eine Geschichte gut ausgeht. Wir selbst wollen das ja auch haben. Darum können wir uns heute am Himmelfahrtsfest darüber freuen, dass die Geschichte Jesu gut ausgegangen ist.

Das ist ja nicht nur eben eine Geschichte, die ihren Anfang hat mit dem Engel Gottes, der zu Maria kommt und ihr ankündigt, dass sie Jesus zur Welt bringen werde. Und die dann weiter geht – ich kann jetzt nicht alle ihre Stationen nennen. Ans Kreuz führt diese Geschichte Jesu und ins Grab. Aber dabei bleibt es gerade nicht. Er zeigt sich seinen Jüngern als der Auferstandene, den der Tod nicht festhalten konnte. Und so nimmt er Abschied von ihnen, wie das unser heutiges Evangelium erzählt.

Sie ist gut ausgegangen diese Geschichte Jesu. Darüber können wir uns freuen. Denn es ist ja nicht bloß eine fremde Geschichte, die uns da erzählt wird. Wir selbst gehören mit zu dieser Geschichte, sind auch in sie verwickelt. Es ist ja unser Heiland, von dem diese Geschichte handelt. Der Christus Gottes, nach dem wir uns Christen nennen. Darum ist es wichtig für uns alle, dass seine Geschichte gut ausgeht.

Davon spricht er selbst, indem er die Seinen erinnert. Gut, was das ist, wissen wir alle, die wir ja von vielen Menschen Abschied genommen haben. Was dann bleibt, das ist die Erinnerung. Wisst ihr noch, wie sie damals so kräftig zulangen konnte, die Großmutter, von der nun der Abschied gekommen ist! Wir erinnern uns, wir können Geschichten erzählen. Das ist gut so.

Aber nun denke ich einmal an den Petrus und an die anderen Jünger Jesu. Gerade ein paar Tage ist das doch her gewesen, als sie davon gelaufen sind und Jesus im Stich gelassen haben. Und Petrus, der den Mund besonders voll genommen hatte und mit Jesus sterben wollte, der hat ihn dreimal verleugnet. Es gehört zu solchem Abschied, wie wir selbst ihn doch alle auch kennen, dass wir uns da auch an manches erinnern, was besser vergessen werden sollte, und gewiss nicht erzählt gehört.

An Petrus und an die anderen, die davon gelaufen sind, denke ich da und kann mir gut vorstellen, wie sie voller Schuldgefühle gewesen sind, weil sie Jesus nicht geholfen haben, nicht bei ihm geblieben sind, ihn nicht vor Gefangenschaft und Tod retten konnten, noch nicht einmal fähig waren, sein Schicksal mit ihm zu teilen. Dass sie voller Schuldgefühle waren, die wir doch selbst auch gut kennen, wenn wir von einem Menschen Abschied nehmen, das kann ich mir gut denken. Die Erinnerung ist nicht immer nur eine angenehme Sache.

Aber darüber kein Wort: Jesus erinnert sie an das, was er gesagt hat, was er getan und erlitten hat. Und er erklärt ihnen das aus ihrer Bibel heraus: Genau so musste es kommen nach Gottes Plan und Willen. Keine Vorwürfe an die Jünger. Und wenn Judas, der Verräter, mit dabei gewesen wäre, er hätte auch kein Wörtlein des Vorwurfs gehört. So musste es kommen, nach Gottes Willen. Und weil das, was da so gekommen war, Gottes Wille gewesen war, darum war es auch gut so. Die Jünger Jesu samt ihrer Angst, ihrer Schwäche, ihrem Versagen sind da mit hinein genommen in diese Geschichte Jesu, die gut ausgeht. Und können sich darum gerne erinnern an Jesus, an die Tage und Wochen, wo er bei ihnen war, wo sie bei ihm gewesen sind. Gut ist das ausgegangen, und darum war gut, was da gewesen ist. Das zuerst, diese Erinnerung.

Und weiter ist da der Segen. Es wird geschildert, wie Jesus die Hände hoch, wie er seine Jünger segnete, wie er unter diesem Segen verschwand – in den Himmel aufgefahren ist er, so wurde das ausgesprochen und von Lukas erzählt. Was da bleibt von Jesus, das ist nicht nur die Erinnerung. Was da bleibt, ist in diesem Segen ein Stück leibhafter Gegenwart. Und diese Leibhafte Gegenwart, die darf weiter gegeben werden, von denen, die damals dabei waren, weiter und weiter bis zu uns heute: Leibhafte Gegenwart Gottes unter uns. Das ist dieser Segen.

Wir kennen auch das, wo wir Abschied nehmen von einem Menschen. Da soll doch ein Stück von ihm zurück bleiben. Der Hut hängt immer noch an der Garderobe oder der Rasierapparat im Badezimmer, bis so viel Zeit vergangen ist, dass wir auch das alles dann wegräumen können. Der Segen Jesu bleibt: Nicht bloß die Erinnerung, das er, unser Bruder, er, der eingeborene, der einzige und einzigartige Sohn Gottes unter uns gewesen ist, mit uns gewesen ist. Wir können, wir dürfen, wir sollen diesen Segen weiter geben. Das kann uns gewiss machen: Was uns da in der Geschichte Jesu erzählt worden ist, das ist nicht einfach vorbei: Diese Gegenwart, leibhafte Gegenwart Gottes unter uns, geht weiter. Auch das gehört zum guten Ausgang dieser Geschichte: Dass Gottes Nähe uns bleibt, indem wir sie einander weiter geben.

Und da ist als drittes die verheißene Gabe Gottes: Der Heilige Geist. Jesus will „herab senden, was mein Vater verheißen hat! Ihr aber sollt in der Stadt bleiben, bis ihr ausgerüstet werdet aus Kraft aus der Höhe.“ Es gehört zum guten Ausgang dieser Geschichte Jesu dazu, dass sie weiter geht. Sie hat nicht einfach aufgehört, sie rückt nicht immer weiter in die Ferne, bis sie schließlich verblasst. Sie ist da, nahe im Geist Gottes und so in den Worten, die uns von Jesus geblieben sind, die wir nach sprechen, die weiter sagen. Uns selbst gelten sie, diese Worte. Sie machen uns Hoffnung: „Selig sind, die da geistlich arm sind, denn das Himmelreich ist ihrer .... „

Immer wieder habe ich daran erinnert, wie das ist, wenn wir Menschen Abschied nehmen. Anders ist das schon als dieser Abschied Jesu von seinen Jüngern, den Lukas als Schluss seines Evangeliums erzählt. Wenn wir Abschied nehmen, dann geht da ein Stück unseres Lebens fort. Und je näher uns der Mensch gestanden ist, von dem wir Abschied nehmen, desto ärmer werden wir. Aber dieser Abschied Jesu macht uns reicher: Da ist die Erinnerung an seine Worte und Taten, festgemacht im Bibelwort. Da ist der Segen, in dem wir Gottes leibhafte Gegenwart weiter geben. Da ist die Gewissheit, dass wir mit ihm leben werden!

Abschied, immer wieder, und früher oder später werde ich selbst Abschied nehmen und werden sie von uns Abschied nehmen. Aber das ist nicht die Trennung. Mit ihm zusammen soll es weiter gehen. Amen.