12.n.Trinitatis 25.8.1985  Mühlhausen / Weingartsgreuth

336,1-4               All Morgen ist ganz frisch

Intr. 15 bzw. 16

188,1-4               Nun lob mein Seel

108,1                  O komm, du Geist

50,1-6                 O Jesu Christe, wahres Licht

139                     Verleih uns Frieden

 

Apg 9,1-20         Mk 7,31-37

 

Liebe Gemeinde,

wundern werden wir uns! So, wie sie sich damals gewundert haben. Wundern werden wir uns über unseren Heiland, der zu Recht bringt, was verstört ist, krank und verdorben und elend. Wundern werden wir uns! Nicht eine Drohung ist das – so, wie einer vielleicht über Böse und Ungläubige sagen kann: Die werden sich noch wundern! Nicht eine Drohung ist das, sondern eine Einladung: Wundern werden wir uns – wie es da heißt: Sie wunderten sich über die Maßen und sprachen: Er hat alles wohl gemacht; die Tauben macht er Hören und die Sprachlosen reden.

[Alternativer Anfang:

Liebe Gemeinde,

wundern wir uns auch? So, wie die damals sich gewundert haben? Wundern wir uns über unseren Heiland, der zu Recht bringt, was verstört ist, verdorben, krank und elend? So sollte es sein:  Wundern werden wir uns! Das ist nun nicht eine Drohung, so, wie das einer im Zorn sagen kann, über hartnäckige und bösartige Leute: Die werden sich noch wundern. Nein! Wir sind hier eingeladen, uns mit zu wundern, mit denen, von denen es da heißt: Sie wunderten sich über die Maßen und sprachen: Er hat alles wohl gemacht; die Tauben macht er hören und Sprachlosen reden.

Fortsetzung:]

Die damals:  Das waren Heiden, Leute, die Gott, den wahren Gott, den die Juden verehrten, allenfalls vom Hörensagen gekannt haben. Zu denen ist Jesus gegangen. Es wird uns da von einem Weg erzählt, von Tyrus über Sidon in das Gebiet der Zehn Städte. Sie kennen die Gegend: Durch den Südlibanon geht dieser Weg, durch den nördlichen Teil Israels, über die Golanhöhen nach Jordanien. Wir kennen die Gegend, kennen die Menschen, die heute dort leben, aus Nachrichten und Bildern, Schreckensnachrichten und Schreckensbildern, wie sie uns fast jeden Tag erreichen! Und diese Schreckensnachrichten und Schreckensbilder – sind die nicht so etwas wie ein Spiegel unserer Welt? Ihrer Friedlosigkeit, der Hilflosigkeit, des Hasses und des Jammers – Krüppel und Geschlagene, und die Vielen, die nicht hören und reden können, aufeinander hören, miteinander reden. Die dann nur noch zur Maschinenpistole oder zur Bombe greifen. Aber wer soll denn das verstehen?

[Alternativer Text:

Die Leute damals: Das waren Heiden, Menschen, die den wahren Gott, den die Juden verehrten, allenfalls vom Hörensagen kannten. Auch bei ihnen ist Jesus gewesen. Es wird uns da von einem Weg erzählt, von Tyrus über Sidon in das Gebiet der Zehn Städte. Die Gegend ist uns nicht unbekannt: Das ist der Südlibanon, und dann führt dieser Weg durch den nördlichen Teil Israels, über die Golanhöhen nach Jordanien. Bilder aus dieser Gegend haben wir in letzter Zeit wieder mehr als genug gesehen, Schreckensbilder – und haben Schreckensnachrichten gehört. Und ich frage mich manchmal schon: Sind diese Schreckensnachrichten und Schreckensbilder nicht ein Spiegel unserer Welt, ihrer Friedlosigkeit und Hilflosigkeit, des Elends; da sind die Opfer, die Krüppel, die Geschlagenen – und die Vielen, die nicht mehr reden und hören können, aufeinander hören, miteinander reden. Sie können nur noch zur Maschinenpistole oder zur Bombe greifen. Aber wer soll das verstehen?

Fortsetzung:]

Die Schreckensnachrichten und Schreckensbilder begleiten mich, wenn ich Jesus und seine Jünger dahin gehen sehe – aus der Gegend von Tyrus, durch Sidon, an das Galiläische Meer, mitten in das Gebiet der Zehn Städte. Sicher hat es damals etwas friedlicher ausgesehen; doch Frieden gab es so wenig wie heute zwischen den Leuten, die da wohnten. Jesus zog mit seinen Jüngern durch dieses Land. Und wie immer, so auch hier in diesem Heidenland, zog er eine Menge Leute an, die ihn hören und sehen wollten. Und dann bringen sie ihm einen her – selbst konnte der nicht kommen, da er nicht reden und hören kann.

[Alternativer Text:

So begleiten mich die Schreckensnachrichten und Schreckensbilder, wenn ich von diesem Weg Jesu höre, aus der Gegend von Tyrus, durch Sidon, mitten in das Gebiet der Zehn Städte. Friedlicher war es damals schon als heute. Aber der Friede war nicht da, sowenig wie heute. Mit seinen Jüngern zeiht Jesus durch das friedlose Land. Und wie immer, so auch hier in diesem Heidenland, zieht er eine Menge Leute an, die ihn hören und sehen wollen. Und dann bringen sie ihm einen daher, der nicht so recht weiß, was mit ihm geschieht – da er nicht hören und reden kann.

Fortsetzung:]

Taub ist er, und wenn er zu reden versucht, dann kommen bloß ein paar dumpfe, rohe Laute. Jesus soll ihm die Hand auflegen. Vielleicht kann er helfen. Davon haben sie sicher gehört, auch im Heidenland.

Aber Jesus macht es anders: Ein Wort würde genügen, sicher. Aber er geht auf diesen armen Menschen zu, wie der das begreifen kann. Er schaut ihm in die Augen, er nimmt ihn am Arm, ganz für sich, geht mit ihm abseits: Nicht die Vielen, dieser Eine ist jetzt dran, dem geholfen werden soll. Zum Himmel blickt Jesus, seufzt: Das kann der Taubstumme sehen, und merkt vielleicht etwas davon, wie dieser Mensch da vor ihm, wie Jesus mit dem Himmel zu tun hat. Und dann greift ihn Jesus mit den Fingern in die Ohren, spukt aus, berührt seine Zunge. Und mit dem Hören kommt auch die Fähigkeit zum Reden. Es wird uns nichts erzählt davon, dass Jesus mit dem Geheilten geredet habe. Den Begleitern verbietet er, weiter zu sagen, was sie gesehen haben. Aber kann das verborgen bleiben? Je mehr er verbot, so heißt es, desto mehr breiteten sie es aus. Sie wunderten sich über die Maßen – alle miteinander: Der Geheilte, die ihn gebracht haben, die von der Heilung hören: „Er hat alles wohl gemacht; die Tauben macht er hören, Sprachlose reden.“ Sie haben verstanden! Gott ist da am Werk durch diesen Heiland. Gott, der Schöpfer, von dem es am Anfang heißt: „Und sah an alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut.“ Und von dem im Buch des Propheten Jesaja verheißen ist: „Gott, der da vergilt, kommt und wird euch helfen! Dann werden die Augen der Blinden aufgetan und die Ohren der Tauben geöffnet werden. Dann werden die Lahmen springen wie ein Hirsch und die Zunge der Stummen wird frohlocken.“ Das Gotteswunder der Schöpfung, das Gotteswunder der neuen Schöpfung: Jetzt ist es da, geschieht vor ihren Augen durch diesen Heiland: Er hat alles wohl gemacht – sehr gut!

So erzählt diese Geschichte. Können wir, die wir sie jetzt hören, auch mit hin stehen, mit den Leuten von damals, und sagen: Er hat alles wohl gemacht? Wundern wir uns auch? So wie sie sich damals gewundert haben? Er hat alles wohl gemacht. Nicht bloß damals, als der Heiland zu diesen Heiden kam. Was er wohl macht, das umgibt uns doch auch. Mein Leben, unser aller Leben hat er gegeben – Augen und Ohren und alle Glieder, Vernunft und alle Sinne: dass ich hören und sehen kann. Die Natur, diesen Sommer in seiner Fülle, das Lebendige, das da um uns wächst und blüht und Frucht bringt. Sehen kann ich das und hören und wahrnehmen. Wer kennt das nicht: Die Freude, dass ich nach einer Krankheit wieder gesunde, heim komme aus der Klinik, aufstehen kann, jeden Morgen, und an die Arbeit gehen? Wer kennt das nicht: Die Freude, mit anderen zusammen zu kommen, zu reden, zu feiern? Wer kennt das nicht: Freundschaft und Liebe, Lob  und Anerkennung, die uns gut tun? Doch mit dem Wundern ist das so eine Sache. Wir erfahren es vielleicht, wie Gott Wunder tut. Wir freuen uns daran, und sind dankbar. Und mancher wird solchen Dank in Worte fassen, leise Worte vielleicht und hinauf blicken zum Himmel. Aber genügt das alles, dass wir uns jetzt zu den Leuten in unserer Geschichte stellen können? Dass wir dabei sind, wenn es heißt: „Und sie wunderten sich über die Maßen und sprachen: Er hat alles wohl gemacht; die Tauben macht er hören und Sprachlose reden“?

Vielleicht hat einer ja eine schlechten Tag, eine böse Zeit: Ein Kranker zu Hause, ein Sterbender, oder ein frisches Grab auf dem Friedhof. Sorgen mit der Arbeit, mit den Kindern. Schwierigkeiten im Betrieb, mit den Nachbarn. Da geht’s schwer zu sagen: Er hat alles wohl gemacht! Denke ich an die Bilder aus dem Libanon, wo Jesus damals durchgezogen ist: Die leiblich und seelisch Verstümmelten, die Tauben und Stummen, die Krüppel, die können uns diese Rede verschlagen: Er hat alles wohlgemacht. Was weiß ich? Höre ich, rede ich richtig? Nein! So einfach befehlen kann ich mir das nicht, mich einzureihen unter die Leute, die sich da wundern und preisen Gott! Da braucht es einer schon, dass ihn der Heiland selbst – oder vielleicht ein Mensch, den ihm der Heiland schickt – besonders nimmt, und ihm die Ohren auftut und die Zunge rührt! So, dass er’s dann hören und sagen kann: Herr, du machst alles wohl. Wenn ich hinein zeige in die Welt, auf dies und jenes, auf diesen Menschen und auf jenes Geschehen, das bleibt zweideutig. Grund zum wundern ist da genug, jawohl. Aber auch das Andere ist da, das nun die Sprache verschlagen kann. Wenn ich aber diesen Mann sehe, diesen Heiland – wie er sich den Taubstummen besonders nimmt und macht ihn gesund, wie er sich um die Heiden da im Gebiet der Zehn Städte annimmt, wie er am Kreuz hängt, wie er vom Tod aufersteht, wen ich diesen Mann sehe, dann kann ich das sagen: Er, er macht alles wohl!

Wundern werden wir uns! Jetzt schon und immer wieder wundern – und sagen: Er macht alles wohl! Wundern werden wir uns erst recht, wenn wir seinen Sieg sehen. Den Tod hat er besiegt und unsere Sünde. Was uns jetzt taub und stumm macht, das geht vorbei. Was dann bleibt, das ist sein Leben. Das ist Gottes Schöpfermacht. Das ist alles, alles sehr gut. Darauf können wir hoffen. Wundern werden wir uns, wenn wir seine Gottesmacht sehen! Leben ist da, Leben die Fülle. Nicht nur unser Menschenleben; die ganze Kreatur lebt und freut sich mit Uns. Die Hasen und die Igel, die ich jetzt bloß als blutige, platte Haufen auf der Straße sehe. Da springen sie lustig herum. Die elenden Kinder mit ihren aufgeblähten Bäuchen, die schwarzen und die braunen, da jauchzen sie vor ihm. Die Tauben, wir Taube, die wir nicht aufeinander hören können: Da hat einer für den anderen Zeit. Die Stummen, wir Stumme, die allenfalls befehlen und brüllen und einander mit Worten, mit Bomben und Raketen einschüchtern: Da reden wir miteinander. Und können erst recht ihn preisen: Er hat alles wohl gemacht; die Tauben macht er hören und Sprachlose reden.

Er, mit seinem Gottesleben, das er uns gibt, er macht alles wohl. Hier und dort kommt das zum Vorschein, jetzt schon. Da kannst du es sehen. Und dann schau auf ihn, den Heiland und sein Gottesleben. Dann weißt du: Sie hat ihr Recht, die Hoffnung, die ihn lobt und seine Gottesmacht. Wundern werden wir uns. Amen.

[Alternativer Text:

Wundern wir uns auch? Gewiss ist jetzt schon immer wieder Zeit dazu, dass wir uns wundern und sagen: Er macht alles wohl! Die Tauben macht er hören und Sprachlose reden. Aber erst recht werden wir uns wundern, wenn wir seinen Sieg sehen. Wir hören das Evangelium, und wissen: Sein Friede kommt. Den Tod hat er besiegt mitsamt unserer Sünde. Was uns jetzt taub macht und stumm, das geht vorbei. Aber Gottes Schöpfermacht bleibt. Das bleibt: Er hat alles wohl gemacht! Darauf können wir hoffen. Amen. ]

 

Herr, unser Gott,

der du mit deiner Wahrheit unsere Herzen erleuchtest, wir bitten dich, lass uns dein Wort hören und dein Leben bezeugen, in dem du uns nahe bist durch unsern Herrn Jesus Christus, deinen Sohn, der mit dir und dem Heiligen Geist lebt und regiert in Ewigkeit. Amen.

 

Herr,

wir danken dir, dass du uns Grund zur Hoffnung gegeben hast, durch Jesus Christus, deinen Sohn.

Wir bitten dich für deine Gemeinde an diesem Ort und in aller Welt: Öffne uns die Ohren, dass wir auf dich hören, und rühre unsere Zunge an, dass wir dich loben und preisen für das, was du gemacht hast.

Wir bitten dich für die Völker, die Staaten, die Regierenden und die Regierten. Gib Recht und Frieden bei uns und lass die Menschen zusammen finden. Wir bitte dich für die Menschen im Libanon: Führe sie zusammen und gib ihnen Frieden. Wir bitten dich für die Menschen in Südafrika: Lass Schwarze und Weiße sich achten und gib jedem sein Menschenrecht.

Wir bitten dich um Arbeit und Brot für alle: Lass uns deine Gaben gerecht verteilen uind alles Leben achten und hüten. Segne Eheleute und Familien. Hilf den Kranken. Tröste die Einsamen und Trauernden. Geleite die Sterbenden. Sei du mit uns allen und gib uns dein ewiges Reich zu sehen. Amen.