Mt 17,1-9
Liebe Gemeinde,
das Weihnachtsfest ist ein Bild. Mit einem Bild schmücken
wir unser Zimmer. Wir heben dieses Bild besonders hervor, indem wir es
einrahmen, ehe wir es an die Wand hängen. Der Rahmen des Bildes unterbricht die
Fläche der Wand, hebt das Bild hervor. Sofort sieht jeder: Da, im Rahmen, ist
das Bild.
So ist das Weihnachtsfest ein Bild. Es hat seinen Rahmen:
Dazu gehört der Christbaum, gehören die Lichter, gehören die Geschenke. Damit,
dass dieser Tag des Festes so hervorgehoben wird, unterbricht eher die übliche
Zeit, Arbeit und Wochenende in ihrem gewohnten Wechsel. Das Fest soll
hervorgehoben sein. Das Alltägliche soll draußen bleiben. Darum machen wir uns
den festlichen Rahmen.
Freilich gelingt es uns nicht ganz, das draußen zu halten,
was nicht zum Fest gehört: Die Spannungen in der Familie, die Sorgen und der
Ärger; erst recht lässt sich in diesen Tagen das Weltgeschehen mit seinen so
raschen Veränderungen nicht draußen halten. Die Gedanken laufen dahin, nach
Rumänien zumal, in den letzten Tagen. Wenn wir den Rahmen des Festes, der das
alltägliche Tun und Ergehen unterbrechen soll, den normalen Rhythmus unserer
Tage und Wochen, auch noch so deutlich markieren und damit das Fest
hervorheben: Ganz lässt sich die Realität nicht verdrängen, die Unterbrechung,
die das Fest bedeutet, ist immer nur teilweise möglich.
Das Weihnachtsfest ist ein Bild. Es unterbricht den
normalen Lauf unserer Zeit. Aber nun habe ich bisher nur über den Rahmen
gesprochen, der diesen Tag, die Tage des Festes hervorhebt. Nicht von ungefähr
ist das so: Der Rahmen des Festes ist uns wichtig. Auch dieser Gottesdienst in
der Kosbacher Kapelle gehört ja dazu zu diesem
Rahmen. Und wir geben uns Mühe, auch hier die Unterbrechung des Alltäglichen so
zu gestalten, dass dieser Tag richtig hervorgehoben wird.
Doch gerade darum kann es leicht passieren, dass da der
Rahmen und das Bild ineinander verschwimmen und durcheinander geraten: Der Weihnachtsbaum
und der Weihnachtsmann und das Christkind, die Krippe und die Puppenstube und
der Kaufladen – Bethlehem und Gänsebrust, wie ein Büchlein mit
bitterbösen Gedichten zur Weihnachtszeit heißt, das meine Frau neulich
mitgebracht hat. Das wäre nicht gut, für uns nicht gut, für unser Feiern nicht
gut, für das Weihnachtsfest nicht gut, wenn da nun der Rahmen schon das Bild
wäre und das Bilds nur der Rahmen.
Darum will ich jetzt diesen Rahmen ruhig so lassen, wie er
ist. Aber in diesen Rahmen soll ein anderes Bild hinein gestellt werden. Nicht
das Kindlein im Stall von Bethlehem, Maria und Josef und die Engel und die
Hirten. Sondern der Mann, der aus dem Kindlein geworden ist: Jesus.
Seine Jünger ruft er zu sich, seine Vertrauten, seine
Schüler und Freunde: die Drei, die ihm von Anfang seines Wirkens an folgten,
Petrus, Jakobus und Johannes. Mit ihnen sondert er sich ab von der Menge und
allen, die sonst um ihn waren. Nach sechs Tagen, so heißt es im Evangelium:
Sechs Tage, nachdem er zum ersten Mal von seinem Tod zu ihnen gesprochen hatte.
Ihnen klar zu machen suchte, dass sein Weg nicht der Weg des Erfolges und des
strahlenden Sieges sein werde. Sondern der Weg des Leidens, der Weg des Todes.
Nach sechs Tagen also nimmt er sie mit sich, in die Einsamkeit. Geht mit ihnen
abseits, steigt mit ihnen auf den Berg: Weg von den Menschen, näher dem Himmel
zu. Und da erleben sie es, die drei Jünger, wie Himmel und Erde gleichsam
ineinander übergehen. Jesus beginnt zu strahlen, als wäre er selbst nur noch
Lichtglanz, die Sonne selbst in ihrem Leuchten. Und sie sehen, wie er nicht
allein ist: Zwei andere Lichtgestalten reden mit ihm. Sie wissen – ganz ohne
Frage ist das klar: Das ist Mose und Elia. Mose, der Gottes Willen vom Sinai
herab brachte, die 10 Gebote. Was gut ist, und was Gott von uns fordert, das
verkörpert er. Und Elia, der Unerschrockene, der unbeugsame Kämpfer für das
Recht und Gottes Einzigkeit, gegen den Götzendienst, der sich selbst gewählte
Götter macht. Elia, von dem sie wussten: Er wird dem Heiland vorweg kommen und
ihm den Weg bereiten. Er wird die Menschen zur Entscheidung rufen wie einst auf
dem Berg Karmel, als er allein gegen die Propheten
des falschen Gottes Baal ankämpfte.
Und sie erleben noch mehr, die drei Jünger: Es wird in
einem Hell und Dunkel um sie, da ist Gott, ganz nahe. Nur noch hören können sie
und hören: Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe; den sollt
ihr hören. Und dann ist da nur noch Jesus. Er rührt sie an und spricht: Seht
auf und fürchtet euch nicht. Da sind sie wieder bei sich selbst und bei Jesus.
Oben ist der Himmel und sie sind auf der Erde. Und haben doch dieses Leuchten
vor ihrem inneren Auge, und hören immer noch: Dies ist mein lieber Sohn, an dem
ich Wohlgefallen habe; den sollt ihr hören.
Das ist das Bild, das ich in den Rahmen unseres Festes
hinein stellen will: Damit Rahmen und Bild nicht ineinander verschwimmen,
sondern der Rahmen das Bild hervorhebt. Ihn, auf den wir hören. Wenn wir
nachher miteinander das Vaterunser beten: Denkt dabei daran, dass das seine
Worte sind. Er lehrte uns das undurchdringliche Geheimnis der Realität
als Vater anzureden. Gott schweigt nicht. Er spricht in Jesus zu uns, das ist
das Bild im Rahmen des Weihnachtsfestes.