Jubilate      28.4.1980 Rödelsee

1. Joh. 5,1-4

 

 

EG 79, 1-6 Gelobt sei Gott

Intr. 10

EG 81, 1-2 Mit Freuden zart

EG 81,3

255,1-4 Liebe, die Du mich

Versikel

EG 139

 

Herr Gott, himmlischer Vater,

der du uns zur Hoffnung des ewigen Lebens berufen hast durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten, wir bitten dich, erfülle unsere Herzen mit deiner Liebe, dass wir sehen, wie du uns entgegen kommst, und dich preisen durch unseren Herrn Jesus Christus, deinem Sohn, der mit dir und dem Heiligen Geiste lebt und regiert in Ewigkeit.

Amen.

 

Liebe Gemeinde!

 

Ich bin in meinem Nachdenken an dem Satz unseres Textes hängen geblieben: Das ist die Liebe zu Gott, dass wir seine Gebote halten; und seine Gebote sind nicht schwer.

Und habe mich dann gefragt, ob das eigentlich stimmt. Wir finden es doch oft einmal sehr schwer, Christen zu sein. Was man da alles nicht tun darf – und was man da umgekehrt alles tun soll! Ich komme da gerade von der Landessynode in Schweinfurt. Da ist alles zusammengekommen, was zur Kirchenleitung in Bayern gehört, der Landesbischof und die Oberkirchenräte, und dazu die hundert Mitglieder der Synode, ein Drittel davon Pfarrer und Dekane, und zwei Drittel gewählte Kirchenvorstände.

Und wir haben und den Kopf zerbrochen und viel geredet über das Thema: „Ehe und Familie“, und was wir denn da nun sagen könnten in der allgemeinen Orientierungslosigkeit: Was ist da richtig – was ist Gottes Gebot, z.B. angesichts der Selbstverständlichkeit, mit der heute Menschen zusammenleben, wie Mann und Frau, ohne dass sie verheiratet sind? Was ist Gottes Gebot, z.B. angesichts der Selbstverständlichkeit, mit der heute Kinder eben geplant werden – und immer weniger Menschen sich noch dazu entschließen können, Kinder zu bekommen, weil sie keinen Platz haben für Kinder, und es sich nicht leisten können, weil Mann und Frau eben arbeiten müssen, und was die Gründe sonst sind? Was ist Gottes Gebot angesichts der Selbstverständlichkeit, mit der heute Ehescheidungen akzeptiert werden?
Sie können uns fragen, zu recht fragen: Was habt ihr denn also in Schweinfurt herausgebracht, damit ich es meiner Tochter sagen kann, die mit ihrem Freund zusammenlebt. Und das ist mir gar nicht recht. Oder damit ich selbst weiß, wie ich dran bin. Wir wollten ja schon lange gern ein Kind haben. Aber wir wissen nicht so recht, ob wir uns das leisten können – und die Zeiten sind ja so unsicher; und die nächste wie die ferne Zukunft ist so ungewiss und dunkel, dass wir uns fürchten und nicht wissen, wie wir da allein durchkommen sollen – und dann noch mit einem Kind!

 

Was also ist Gottes Gebot? Wir haben uns da auf der Synode, in Schweinfurt alle sehr schwer getan, und haben die richtige und einfache und klare Antwort nicht gefunden. Ich weiß sie auch nicht. Sonst hätte ich sie ja schon dort in Schweinfurt sagen können. Denn wir, die wir da zur Beratung zusammengekommen sind, waren im Grunde doch recht ratlos.

Sicher, jeder von uns kennt das sechste Gebot, und eine ganze Menge Bibelstellen noch dazu. Aber hilft das einen einzigen Menschen, wenn er daran erinnert wird: Du sollt nicht ehebrechen- was ist das? Wir sollen Gott fürchten und lieben, dass wir keusch und züchtig leben in Worten und Werken und ein jeglicher sein Gemahl liebe und ehre - ? Wenn wir bloß das einschärfen, helfen wir doch nicht. Wir sind dann kein Haar besser als die Schriftgelehrten und Pharisäer, von denen Jesus gesagt hat: Sie binden schwere Bürden und legen sie den Menschen auf den Hals; aber sie selbst wollen sie nicht mit einem Finger anrühren. Wir haben es schwer, bringen es noch nicht einmal fertig, zu sagen, was denn nun Gottes Gebot ist, in diesem Fall und angesichts dieser Beispiele, wie man sich heute verhält.

 

Da stimmt doch etwas nicht. Wenn es hier heißt: Das ist die Liebe zu Gott, dass wir seine Gebote halten; und seine Gebote sind nicht schwer – und wir tun uns doch alle miteinander, gerade mit all unserem guten Willen, so fruchtbar schwer mit Gottes Geboten. Da stimmt etwas nicht. Schon deshalb natürlich stimmt da etwas nicht, weil ich hängen geblieben bin bei dem Satz – seine Gebote sind nicht schwer – und nicht gleich mit bedacht und mitgesagt habe, wie es weiter geht: Seine Gebote sind nicht schwer, denn alles, was von Gott geboren ist, überwindet die Welt; und unser Glaube ist der Sieg, den die Welt überwunden hat. Aber auch damit ist noch nicht alles gewonnen, wenn wir das nun mit in unsere Überlegungen aufnehmen. Jedenfalls ist das gesagt: Wo der Glaube ist, da ist die Welt überwunden. Ich will jetzt nicht noch einmal die Grundprobleme zur Frage des Zusammenlebens von Mann und Frau aufzählen, die uns in Schweinfurt beschäftigt haben. Da ist jedenfalls Welt, und wir fragen, wie diese Welt durch den Glauben, durch Gottes Gebot verändert und zurecht gebracht werden könnte.

 

Nun fürchte ich aber, dass uns gerade durch diese gute Absicht schon die Wahrheit verstellt ist. Wir tun uns schwer mit Gottes Gebot – und da heißt es doch, dass seine Gebote nicht schwer seien. Woran liegt’s? Weil wir meinen, durch uns und durch unseren guten Willen, da müsse Gottes Gebot erst einmal in diese Welt hineinkommen, und dann müssten wir mit unserem Tun die Welt in Ordnung bringen. Erst hören wir es: Das ist Gottes Wille (wenn wir es nicht genau sagen können, dann tun wir’s doch auf’s  Ungefähre und sagen: so etwa könnte das richtig sein). Und dann nehmen wir diesen „Gotteswillen“ in unser Herz und unsere guten Vorsätze auf, und dann wollen wir anfangen, die Welt anders zu machen. Natürlich geht das schwer, schon bei uns selbst. Und wenn wir ehrlich sind, müssen wir sagen: Es geht gar nicht. Nichts verändert sich; bei all unserer Mühe. Warum wohl?

 

Ich meine, dass das an unserem falschen Weg liegt. Wir meinen: Gottes Gebot geht hinein in uns – und dann geht es von uns hinaus und bringt Gottes Willen in die Welt. Und dadurch machen wir die Welt anders. In Wahrheit geht’s doch genau umgekehrt. Und Gott sei Dank geht’s auch bei uns oft genug umgekehrt, und so leicht, dass wir es manches mal gar nicht merken. Es geht von außen nach innen! Wenn ich da einen Baum in seiner Blütenpracht sehe, und freu’ mich daran, und mein Herz wird voll Dank über diese Schönheit – dabei brauch ich doch eigentlich nicht anderes zu tun, als die Augen aufzumachen und den Kopf nicht hängen zu lassen. Wenn ich aber die Augen zumache, und den Kopf hängen lasse, und mir dann fest vornehme: Jetzt musst du aber wieder einmal Gott dankbar sein – das gäbe einen schönen Dank. Von außen nach innen geht der Weg Gottes – und wenn ich recht verstehe, meint unser Text aus dem 1. Johannesbrief gar nichts anderes als dies, dass er uns einschärfen will: so herum geht’s nicht nur mit dem Dank. So herum geht’s auch mit Gottes Gebot. Wir sollten uns dann bloß nicht vormachen, dieses Gebot gebiete etwas Unnatürliches und Besonderes  - und dagegen sei die Welt und die Art, wie man sich in der Welt verhält, das Natürliche und Naheliegende.

Gottes Gebot ist die Liebe. Die kann keiner von uns in seinem Herzen machen, und dann aus diesem Herzen herausbringen und über die Welt ausbreiten, dass die voll Liebe wird.

Draußen, in der Welt, da fängt die Liebe an; mit dem Sehen fängt sie an. Ich sehe ein Kind. Es schaut mich an. Ich freue mich. Ich muss es anlachen – und dann lacht es wieder zurück. Ganz natürlich ist das. Freilich, bei dem Kind, da fällt es uns allen leicht. Aber ist es denn bei den anderen Gotteskindern so furchtbar schwer? Von denen ist hier ja die Rede, dass wir sie lieben sollen. Und wenn da nun einer meint, dazu müsse man doch eigentlich wissen, ob das ein Gotteskind ist, dann kann ich nur den Rat geben: Sieh genau hin. Geh freundlich auf es zu – dann wirst du es merken.

 

Nicht von innen nach außen geht der Weg der Gebote Gottes – aus dem Herzen in die Welt, sondern umgekehrt: von dem Gotteskind über unser Sehen ins Herz. Und das wird dann voll Liebe. Es könnte sein, dass uns vieles leichter fiele, wenn wir diesen Weg einübten, auf den uns da der Johannesbrief verweist. Vielleicht kämen wir dann sogar in den Fragen ein Stück weiter, mit denen wir Synodale uns in Schweinfurt so schwer getan haben.

 

 

Herr Gott, himmlischer Vater,

 

Wir bitten dich für die Christenheit bei uns und in der ganzen Welt. Gib uns offene Augen, dass wir merken, wie du uns nahe kommst und fülle unser Herz mit deiner Liebe, dass wir deine Gebote halten.

Wir bitten dich um den Frieden in dieser Welt. Gib allen Gewalttätigen die Einsicht, dass die Gewalt nicht der Weg zum Frieden ist, sondern dass wir nur dort miteinander auskommen, wo jeder bereit ist, auch selbst nachzugeben. Nimmt die Angst aus unserem Herzen, und gib uns den Mut, dir allein zu vertrauen und uns an Jesus Christus zu halten, der unser Friede ist.

Wir bitten dich für alle die Menschen, die sich schwer tun, richtig miteinander umzugehen, die Männer und ihre Frauen, die Eltern und ihre Kinder, alle die miteinander zusammenleben, weil sie miteinander glücklich werden wollen – zeig du uns deine Liebe und bringe uns alle durch dein freundliches Gebieten zurecht, dass wir die Unnatur unserer Welt überwinden und dich lieben, weil du uns hilfst.

Amen.