Quasimodogeniti, 6.4.1986                    Martin-Luther-Kirche/Büchenbach

 

Intr.10

75,1-3 Christ ist erstanden

77,1-3 Jesus Christus

82, 1-5 Wir wollen alle

86 Auf auf

129 Verleih uns Frieden

 

Joh. 20, 19-29                      1. Petrus.1,3-9

 

 

Herr, unser Gott,

 

du hast Jesus Christus vom Tode auferweckt und ihm alle Macht gegeben im Himmel und auf Erden,

wir bitten dich,

lass uns deine Liebe erfahren, dass wir dir vertrauen im Leben und im Sterben

durch unseren Herrn und Bruder Jesus Christus, deinem Sohn…

 

Gelobt seist du, großer Gott, dass du uns Hoffnung gibst.

Wir bitten dich für deine Gemeinde an diesem Ort und in der ganzen Welt: Schenke u uns Einigkeit und herzliche Liebe, dass wir dich einmütig bezeugen in Worten und Taten.

Wir bitten dich um Frieden, Recht und Freiheit für alle Menschen. Lenke du die Herzen der Mächtigen, dass sie es lernen, aufeinander zu zugehen. Lass sie erkennen, dass durch Drohung mit Gewalt nur Hass und Gegengewalt entsteht, aber nicht das Vertrauen, das wir alle brauchen.

Wir bitten dich um Nahrung und Arbeit für alle Menschen: lass die Eheleute in Liebe miteinander leben, lass Eltern und Kinder sich verstehen. Hilf den Kranken, geleite die Sterbenden, tröste die Trauernden. Führe uns zu dem Ziel, das du uns bereitet hast. Amen.

 

 

Liebe Gemeinde!

 

Für das Loben ist es Zeit: An Ostern, in der österlichen Freudenzeit, Sonntag für Sonntag, jetzt. Jetzt ist es Zeit für das Loben: Das zeigt der erste Petrusbrief nicht so, dass er zum Lob auffordert. Sondern er lobt selbst, und wartet, dass wir einstimmen in sein Lob: „Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesu Christi, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten.“ Gelobt sei Gott!

Grund genug für solches Lob ist da genannt: Gott hat uns wiedergeboren, Gott hat uns zu neuen Menschen gemacht, uns. Lassen wir die Einwände einmal beiseite. Die kommen noch bald genug. Jetzt ist Zeit zum Loben. Gelobt sei Gott, der uns wiedergeboren hat, der uns zu neuen Menschen gemacht hat. Zu neuen Menschen, das heißt: Zu Menschen mit einer lebendigen Hoffnung.

Wie das geschehen ist? Hier ist die Rede von der Auferstehung Jesu Christi von den Toten. So kommt es zur lebendigen Hoffnung. Und ein paar Verse weiter heißt es: „ Haltet rein eure Seelen im Gehorsam der Wahrheit zu ungefärbter Bruderliebe und habt euch untereinander lieb von Herzen, als die da wiedergeboren sind nicht aus vergänglichem, sondern aus unvergänglichem Samen, nämlich aus dem lebendigen Wort Gottes, das da bleibt“ (22.23).

So macht Gott sich seine neuen Menschen: Dass er ihnen im Wort die Gewissheit der Auferstehung Jesu Christi ins Herz gibt. Neue Menschen: Das sind dann Menschen, die Hoffnung haben. Denn der Auferstandene bleibt ja nicht allein. Er ist der Erste, und viele folgen ihn. Darum ist jetzt Zeit zum Loben – denn wir sind neue Menschen, wiedergeboren „zu einem unvergänglichen und unbefleckten und unverwelklichen Erbe, das behalten wird im Himmel für euch, die ihr aus Gottes Macht durch den Glauben bewahrt werdet zur Seeligkeit, welche bereit ist, dass sie offenbar werde zu der letzten Zeit.“

Zeit zum Loben ist es jetzt. Denn Gott hat uns zu neuen Menschen gemacht, hat uns wiedergeboren zur lebendigen Hoffnung. Und dieses neue Leben, dieses Hoffnungsleben ist uns gewiss. Gott bewahrt es, dieses Leben. Zweifach ist diese Bewahrung beschrieben: Da ist das Erbe, unvergänglich, unbefleckt, unverwelklich - im Himmel behalten, bewahrt. Das kann mir keiner nehmen, dieses Erbe. Das ist mir gewiss: bewahrt im Himmel. Und wenn ich es mir vorstellen will, dann denke ich mir meinen Heiland, „am dritten Tag auferstanden von den Toten, aufgefahren in den Himmel, da sitzt er zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters.“

So gewiss er bei Gott ist, so gewiss ist meine Hoffnung: Was ich erben werde, was ich sein werde – es ist mir bewahrt im Himmel. Aber nicht nur das: Gott bewahrt mich selbst für dieses Erbe, „Das behalten wird im Himmel für mich“ – und jetzt kommt es: „für euch, die ihr aus Gottes Macht durch den Glauben bewahrt werdet zur Seeligkeit.“

Durch den Glauben bewahrt aus Gottes Macht: Ihr Bewahrten, wir Bewahrten, ich Bewahrter – ich habe Grund, zu loben. So ist das jetzt:

Zeit, Gott zu loben, der uns zu neuen Menschen wiedergeboren hat, zu Menschen mit einer lebendigen Hoffnung. Und bewahrt uns diese Hoffnung – ihr Ziel im Himmel bei dem auferstandenen Christus, ihre Gewissheit im glaubenden Herzen. So ist das jetzt: Zeit zu loben, an Ostern in der österlichen Freudenzeit, Sonntag für Sonntag, jetzt wo wir beieinander sind zum Gottesdienst. Aber doch nicht nur jetzt, in dieser Stunde – sondern die ganze Zeit, von der Auferstehung Jesu Christi an, bis er offenbart wird, bis wir ihn sehen sollen!

„Dann werdet ihr euch freuen mit unaussprechlicher und herrlicher Freude.“

 

Und da frage ich mich nun: Ist es mir eigentlich danach zu Mute? Gut, ich kann es mir vorsagen. Wie ich es ihnen vorsagen kann: Jetzt ist es Zeit, Gott zu loben. Ich kann es mir vorsagen, wie ich es Ihnen vorsagen kann: bewahrt sind wir, und niemand kann uns unsere Hoffung nehmen. Im Himmel wartet das unvergängliche Erbe auf uns – und Gottes Macht bewahrt uns für dieses Erbe durch den Glauben. Ob ich ihn spüre, diesen Glauben, diese Hoffnung, die lebendige Gewissheit – Gottlob! Darauf kommt es nicht an. Gottes Macht bewahrt uns das neue Leben, zu dem er uns wiedergeboren hat. Aber ist mir denn danach zu Mute, Gott zu loben? Ist sie da, jetzt schon, diese unaussprechliche und herrliche Freude, die auf mich, die auf jeden von uns wartet. Bewahrt sind wir. Das ist gut so, das ist tröstlich. Aber erst recht tröstlich ist es doch, dass mir die Freude, von der da hier die Rede ist, nicht übergestülpt wird wie eine Pappnase, die einer zum Fasching aufsetzt, um zu zeigen, wie lustig er doch ist. So nicht! Jetzt ist die Zeit, zu loben, weil wir neue Menschen sind, Menschen mit einer lebendigen Hoffnung. Davon wird nichts zurückgenommen.

Aber das heißt gerade nicht, dass wir uns da dann etwas vormachen müssen.

„Dann werdet ihr euch freuen“ – dass ihr bewahrt seid, euer Erbe bewahrt ist, ihr selbst bewahrt seid im Glauben. – „Dann werdet ihr euch freuen, die ihr jetzt eine kleine Zeit, wenn es sein soll, traurig seid in mancherlei Anfechtungen.“ Wir brauchen uns nichts vorzumachen: So freundlich redet der Apostel hier. Sicher, jetzt ist es Zeit, Gott zu loben – weil wir bewahrt werden. Aber zugleich ist da auch Zeit, jetzt (Und damit das seine rechte Ordnung bekommt, heiß es: „eine kleine Zeit“), in der wir traurig sind. Auch davon ist zu reden: Weil Hoffnung und Freude nicht allein bleiben wollen und können, kommt es zur Traurigkeit, von der da die Rede ist.

 

Allein im Blick auf das Ziel. Und doch wohl auch allein, unterwegs. Es macht mich traurig, wenn ich an die Menschen denke, die meine Hoffnung nicht teilen. Und das sind ja nicht nur Menschen irgendwo, weit weg, die einer anderen Religion oder Ideologie anhängen. Es sind auch Menschen, die mir nahe stehen, die zu mir gehören. Ich bin traurig, dass sie nicht mit mir Gott loben, jetzt, wo es dazu Zeit ist. Dabei allein zu sein, dabei viele Menschen zu vermissen, das macht mich traurig. Gerade wenn ich es mir sage: Gott hat dich zum neuen Menschen wiedergeboren, Gott bewahrt dich im Glauben für das Ziel des neuen Lebens – wieso bin ich dann allein? Wieso hört er nicht, wenn ich ihm darum bitte, dass sie auch zum neuen Leben zur lebendigen Hoffnung finden sollen, alle, die zu mir gehören?

 

Allein im Blick auf das Ziel: Das ist traurig. Und es macht traurig, wenn ich mich allein sehe, unterwegs. Unterwegs, zwischen der Auerstehung Christi und seiner Wiederkunft – das ist ja nicht ein untätiges Warten. Es ist Tun des Guten, ist Zeugnis gerade auch mit der Tat. Das neue Leben will seinem Schöpfer und seinem Herrn danken. Wir – angeredet alle miteinander: Mit Mühe halten wir zusammen, gerade noch beim Tisch des Herrn (die ersten zwei Gruppen mit Traubensaft, die anderen mit Wein, so der Kompromiss). Aber wenn es ans Tun geht, dann sind wir auseinander. Denn da geraten wir in die Strittigkeit der Ziele und der Mittel: Wohl wollen wir den Frieden, alle. Aber wie wir dazu kommen, das entzweit. Traurig macht das – und lässt sich doch nicht ausklammern. Allein – unterwegs zum Ziel: Das macht traurig.

 

Gelobt sei Gott – auch dafür. Wir, die wir bewahrt werden: In solcher Traurigkeit sollen wir bewährt werden. Auch dazu ist jetzt die Zeit: eine kleine Zeit, wenn es sein soll, traurig zu sein in mancherlei Anfechtungen. Zeit, nicht nur der Bewahrung, sondern auch der Bewährung. Vielleicht ist es mit dieser lebendigen Hoffnung wie mit einem Schiff, das Ballast braucht, damit es nicht abgetrieben wird von Wind und Wellen, sondern sich steuern lässt: So braucht es jetzt auch diese Traurigkeit. Braucht sie, um auf das Ziel zuzusteuern: Jesus Christus, gestorben…, so mit der Formel der Osterepistel.

Für das Loben ist es jetzt Zeit – jetzt trotz und mit der Traurigkeit, für uns Bewahrte und Bewährte.

Amen