30.8.1998 (12. Sonntag nach Trinitatis) Thomaskirche Erlangen

 

440, 1-4 All Morgen…

Ps 113

289, 1-4 Nun lob mein Seel..

368, 1-4 In allen meinen Taten

421 Verleih uns Frieden

 

Markus 7,31-37           Predigt: Apostelgeschichte 9, 1-22

 

Du unser Gott,

 

der du uns nach deinem Willen leitest und unser Leben zu deiner Ehre führst,

wir bitten dich, lass uns deinen Weg erkennen und dir gerne folgen durch unseren Herrn und Bruder Jesus Christus, deinen Sohn, der mit dir und dem Heiligen Geist lebt und regiert in Ewigkeit.

Amen

 

Allmächtiger Gott,

 

wir danken dir, dass du die Welt nach deinem Willen leitest und uns teilhaben lässt an deinem Werk, das in Jesus sein Ziel gefunden hat.

Bekehre die Fanatiker, die deine Welt nach ihren Kopf und Willen zurecht biegen wollen und damit Unheil stiften.

Wir bitten dich für deine Gemeinde an diesem Ort und in aller Welt: lass uns in Worten und im Tun deine Freundlichkeit bezeugen zu deiner Ehre und zu unserem Heil.

Wir bitten dich für Völker und Staaten, für alle, die Gewalt erleiden und die Macht ausüben. Lass allen Menschen ihr Recht zuteil werden.

Wehre dem Morden und der Gewalt im Kongo und lass die verfeindeten Stämme zu einem guten Miteinanderleben finden.

Gib allen Menschen, was sie brauchen, Brot und Arbeit, Heimat und Anerkennung.

Lass die Opfer der Flutkatastrophen in Bangladesch und China zu einem guten Leben zurückfinden.

Besuche die Einsamen und Kranken, geleite die Sterbenden, tröste die Trauernden.

Lass uns wahrnehmen, wie du diese Welt und unser Leben in deiner Liebe begleitest und zu einem guten Ziel führst.

 

Amen.

 

Wir sind zusammengekommen, um miteinander Gottesdienst zu feiern. Vor dem Heiligen Gott, der uns besser kennt als wir uns selbst, bekennen wir dass wir aneinander und an ihm schuldig geworden sind durch vieles, was wir getan und was wir unterlassen haben.

Darum bitten wir ihn: Gott, sei mir Sünder gnädig.

 


Liebe Gemeinde!

 

Lukas erzählt uns in seiner Apostelgeschichte die Bekehrung des Paulus so: Da war bei der Steinigung des Stephanus der junge Paulus mit dabei gewesen, freilich nur passiv beteiligt: er bewachte die Kleider derer, die den Stephanus zu Tode brachten. Aber dann wollte er selbst weiter machen. Wie das immer wieder passiert, gerade auch bei jungen Leuten: ein Idealist war er und zugleich ein Fanatiker. Er hatte genau im Kopf, wie es richtig ist und wie Gott seine Welt haben will – jedenfalls die Juden, sein auserwähltes Volk. Das hieß für ihn: aufhören muss die Predigt von Jesus, dass Gott ihn auferweckt habe, dass er der verheißene Christus sei, dass in ihm Gottes Heil den Menschen zugewandt werde.

Aufhören musste das Bekenntnis zu diesem Jesus, und sei es auch mit Gewalt. Denn solch ein Reden, solch einen Glauben, diesen Weg, den konnte Gott nicht wollen.

Ein konservativer Fanatiker war er, dieser Saulus von Tarsus. Wahrscheinlich würde man ihn heute einen Fundamentalisten nennen. Wie die Welt nach Gottes Willen auszusehen habe, das hatte er genau im Kopf. Und setzte nun alles daran, die Welt nach seinem Kopf zurechtzubringen. So etwas kennen wir ja. Wenn ich zurückdenke: Was habe ich nicht alles für Pläne und Ideen gehabt – natürlich voll des guten Willens. Und habe, als ich älter wurde, mit mancher jungen Frau und mit machen jungen Mann geredet, die die Welt, die Kirche, die Politik, die Gesellschaft verändern und verbessern wollten.

Darum ist mir der junge Saul von Tarsus gar nicht so fremd, von dem es das heißt: er schnaubte noch mit Drohen und Morden gegen die Jünger des Herrn. Und weil sich diese Unordnung, dieser neue Weg nun gewiss nicht weiter ausbreiten sollte, und die ganze fromme Welt des Judentums in Unordnung bringen durfte, darum wollte er die Verfolgung der Christen über Jerusalem hinaus organisieren: Er lies sich Vollmacht geben an die Synagogen in Damaskus, damit auch dort dieser Irrtum, dieser falsche Glaube, diese bösartige Sekte ausgerottet werden sollte. Er wusste, was richtig war. Und das natürlich nicht nur in seinem Kopf, sonder nach dem Willen Gottes selbst, wie das nun einmal bei solchen Idealisten und Fanatikern oft genug der Fall ist.

Doch da ist ihm Gott selbst entgegen getreten. Viele werden die Geschichte kennen. Die Reisegesellschaft, der sich Saul angeschlossen hatte, war kurz vor Damaskus. Da umleuchtete den Saulus ein Licht, wie wenn plötzlich der Himmel aufgerissen wäre. Er stürzte zu Boden und hörte eine Stimme, die ihn anrief: Saul, Saul, was verfolgst du mich. Und auf seine Frage: Herr, wer bist du? Bekam er die Antwort: Ich bin Jesus, den du verfolgst.

Die fromme Welt des jüdischen Glaubens wollte er in Ordnung bringen und in Ordnung halten. Und nun kam ihm Gott selbst dazwischen. Er wurde aus seinen Plänen, aus seinem Tun heraus gerissen: aus der Bahn hat es ihn geworfen, ganz und gar. Denn nun konnte er nicht mehr, was er vorhatte. Als er am Boden lag, hatte er die Augen geschlossen. Und nun, als er sich aufrichtete und die Augen öffnete, sah er nichts mehr, musste sich nach Damaskus hinein führen lassen, und aß nicht, trank nicht, sah nichts mehr. So hat ihn Gott stillgestellt.

- Text - Was nun? Saul war dabei, sich klarzumachen, dass sein frommer Wille und Gottes Wille gewiss nicht ein- und dasselbe waren; dass die Welt in seinem Kopf und Gottes Welt gewiss nicht übereinstimmten. Es hat ihn aus der Bahn geworfen, ganz und gar. Aber der Herr, der ihn so aus der Bahn geworfen hatte, der ihn so stillgestellt hatte, der sorgte auch dafür, dass es weitergehen konnte. Da war Hananias, den er dem Saul schickte. Der sollte ihm zeigen, wie es weitergehen sollte und weitergehen konnte.

Sicher: Als dieser Jünger Jesu zu Saul geschickt wurde, musste er sich selbst überwinden: Der ist doch böse. So, wie er es mit den Christen in Jerusalem getrieben hatte, so will er es nun mit den Christen in Damaskus treiben. Aber der Herr selbst überwindet diesen Widerstand. Und nun kommt also Hananias zu Saulus: Lieber Bruder Saul! So hat er ihn angeredet, nimmt damit vorweg, was für diesen Saul nun anders geworden ist: Jetzt gehört auch er zu denen, die er eben noch aus der Welt zu schaffen suchte mit allen Mittel. Und da sieht er wieder, und versteht, was das heißt, dass Jesus ihn persönlich erwählt und zu seinen Werkzeug bestimmt hat. Mit dem Heiligen Geist wird er erfüllt , und lässt sich taufen und stärkt sich.

Leute wie den idealistischen Fanatiker Paulus kenne ich. Dass einer aus der Bahn geworfen wird – das habe ich auch schon oft erlebt, an anderen, wie an mir selbst. Vielleicht nicht in dieser gewaltsamen und dramatischen Art, wie das hier von Saul erzählt wird. Aber das zu lernen, dass die Welt in meinen Kopf nicht Gottes Welt ist, und dass mein Wille nicht Gottes Wille ist, dazu hatte ich schön öfters Anlass und Gelegenheit.

Es soll weitergehen. Der Herr hatte dem Saulus gesagt: Geh hinein in die Stadt. Da wird man dir sagen, was du tun sollst. Und nun kommt der Hananias zu ihm und sagt es ihm. In der Geschichte, wie sie Lukas erzählt, versteht sich das: was ihm Hananias sagt, das kann er als Gottes Botschaft annehmen. Sie waren einander ja schon vorgestellt durch den Herrn selbst, ehe sie sich getroffen hatten. Aber, da habe ich nun meine Schwierigkeiten: Wie soll ein Mensch, eine Frau, ein Mann, die es gelernt haben, dass ihr Wille und ihre Welt im Kopf nicht Gottes Welt ist, nun wahrnehmen, wer der ist, oder die, die ihm oder ihr sagen können, wie es weiter geht. Das ist nicht immer so klar und eindeutig, wie hier bei Hananias. Ich will eines doch nennen, was mir an dieser Geschichte wichtig erscheint: Wie Paulus aus der Bahn geworfen wird, das ist eine Sache. Und wie ihm gezeigt wird, wo und wie es weitergeht, das ist eine andere Sache. Es gibt Leute, die das gerne in einem Aufwasch machen wollten. Die einem klarmachen: So nicht! Und dann gleich noch wissen: Aber so muss es mit dir weitergehen! Da bin ich je länger desto zurückhaltender, ob das wirklich das Richtige ist, das was Gott will und tut. Saul hatte Zeit: er betete, drei Tage. Und dann kam der Bote des Herrn. Vielleicht ist das doch nicht ganz ohne Bedeutung. – Text -

Wie es dann weitergegangen ist? Saulus musste sagen, was ihm klar geworden war. Er tat es dort, wo er seine Leute traf, in den Synagogen: Jesus ist Gottes Sohn – das ist seine Botschaft gewesen. Und natürlich erregte das Aufsehen, dass nun aus dem Saulus ein Paulus geworden war, dass er das, was er bisher verurteilt und bekämpft hatte, nun selbst vertrat und bekannte. Es gab Aufsehen. Und Paulus gewann an Kraft. So heißt es hier.

Was das gewesen ist? Sicher nicht einfach jene Beredsamkeit, mit der einer die Leute in Grund und Boden redet. Er trieb die Juden in die Enge und bewies, dass Jesus der Christus ist. Wie es das getan hat, liegt auf der Hand: er legte die Bibel aus, er verstand neu und immer besser, was da im AT geschrieben war. Und sollte darum selbst zum Schweigen gebracht werden, so, wie er früher versucht hatte, die Jünger Jesu zum Schweigen zu bringen. Weil es mit der Auslegung der Bibel nicht ging, versuchten es seine Gegner mit Gewalt. Aber er ist entkommen. – Text -  In 3 Schritten erzählt uns die Geschichte, wie Gott den Saulus in seinen Dienst nahm: Er hat ihn aus der Bahn geworfen. Er hat ihm gezeigt, was er zu tun hatte. Er hat ihn bewahrt und geleitet auf diesem Weg.

Amen.