Kantate               12.5.1974           Dechsendorf

 

Introitus 2

86, 1.2.6-8 auf, auf mein Herz

186, 1-4 Singt, singt Jehova

320, 1.2 Jerusalem, du hochgebaute

232, 1.2 Weil den weder Ziel noch Ende

Versikel 58a

 

Johannes 16, 16-23             Offenbarung 21,1-7

 

 

Liebe Gemeinde!

 

Wir tun uns vielleicht zunächst ein bisschen schwer, solche Worte richtig zu verstehen. Wie können nur uns denn einen neuen Himmel und eine neue Erde denken – diese geschmückte Stadt, von der der Seher der Offenbarung gesehen hat, dass sie vom Himmel herabfährt? Wie können wir uns gar Gottes Gegenwart denken, da wir doch zu wissen glauben: Er, Gott, ist nun einmal im Himmel, und wir sind auf der Erde.

Nun, wir wollen mit unserem Nachdenken langsam anfangen, bei dem Kleinen und Nahen.

Zwei Dinge kennen wir auf jeden Fall: einmal das Glück, das uns Neues bringen kann. Und zum anderen den Wunsch, Altes, Lästiges, Böses los zu werden. Das Neue, es kann glücklich machen. Ich bin vor einem Jahr in ein neues Haus gezogen, das ich mir habe bauen lassen. Sicher, das gab auch viel Umtrieb und Arbeit und Mühe – aber ich bin froh, dass ich nun in diesem neuen Haus wohnen kann. Das Neue – es kann glücklich machen. Ich nenne ein anderes Beispiel: Wir wissen wahrscheinlich alle, wie das ist, wenn ein Kind uns glücklich sein neues Kleid vorführt. Das Neue macht glücklich – und es ist schon etwas dran an dem Liedervers: Alles neu macht der Mai, macht die Seele frisch und frei!

Das neue Laub, das neue Gras, die neuen Blumen und Blüten – das tut uns gut.

Aber es stimmt ja nicht, dass der Mai alles neu macht. Es bleiben die Schmerzen, mit denen sich einer herumplagen muss. Es bleibt das Alter mit der Mühe, die es bringt. Es bleibt der Streit und Unfriede mit dem Leid, das er bringt. Es bleibt das alltägliche Einerlei, die Last, die wir vom Morgen bis zum Abend zu bewegen habe. Und wahrscheinlich kennen wir alle darum auch die Sehnsucht nach dem Neuen, die sich nicht erfüllt – die Sehnsucht nach einem überwältigend Neuen, das, was unser ganzes Leben, alles wirklich neu machen kann. Wenn sie im Fernsehen die Glücksspirale anpreisen – dann kommt’s einem ja: Wie wäre das, wenn nun gerade du die Million Mark gewinnen würdest? Ein neues Leben – ein glückliches Leben müsste das sein. Da kommt die Sehnsucht, die alten und vertrauten, die oft so mühsamen Umstände loszuwerden, die alte Arbeit, die alte Wohnung, das alte Auto – und neu anzufangen.

Wir kennen wohl das Glück, das uns durch etwas Neues zu teil werden kann – ein neues Kleid, oder ein neues Haus, ein neues Erleben (bei einer Urlaubsreise beispielsweise). Und wir kennen erst recht die Sehnsucht, das Alte loszuwerden mit seiner Mühe, Last, Plage.

Und dabei wissen wir wohl: Das Glück des Neuen ist die Ausnahme – und die Last des Alten holt uns immer wieder ein. Bis dahin, dass der Tod uns einholt, und nichts, ganz gewiss nichts Neues mehr uns passieren kann.

Wenn wir uns das überlegen – dann sind wir schon so weit gekommen, wenigstens in einem groben Umriss zu verstehen, was uns hier dieses Wort aus der Offenbarung des Johannes sagt: Wir alle dürfen auf das große Glück hoffen, denn Gott wird alles neu machen!

Wir machen uns klar, was das heißt, indem wir drei Dinge bedenken: 1. Wie dieses Glück zu denken ist. 2. Warum wir gewiss sein können, dass dieses Glück kommt. 3. Wie uns dieses Glück jetzt schon bestimmen will.

1.

Wie wir dieses Glück denken können. Wir sind ja nicht solche Seher wie der Mann, der unsere Textworte geschrieben hat. Wir haben nicht die besondere Gabe, dieses Neue, das Gott schaffen wird, jetzt schon zu schauen. Wir hören die Worte, und müssen sie mit unserer Erfahrung so füllen, dass wir dem Gesagten ein Stück näher kommen. Da ist die Rede von der Gottesstadt, die vom Himmel herabfährt, und dieses Bild wird gedeutet. Siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen. Erinnern wir uns an die Geschichte von der Stiftshütte, wie sie im Alten Testament berichtet wird. Als Israel aus Ägypten ausgezogen war, und am Berg Sinai lagerte, da hat Mose am Rand des Lagers ein Zelt errichtet, eben diese Stiftshütte. Und wenn sich dann eine Wolke vom Himmel herab über dieses Zelt senkte, dann wussten alle: Jetzt ist Gott da. Und Mose ging ins Zelt – und Gott redete mit ihm, wie ein Mann mit seinem Freund redet. Das Zelt können wir uns denken, die Wolke – und den Mann Mose, der ins Zelt geht. Wie es da drinnen war, wissen wir nicht. Aber wir wissen doch, wie es ist, wenn wir ins Gotteshaus kommen. Da ist es anders als draußen – still, feierlich, voll Erwartung.

Die ganze neue Stadt, die ganz neue Welt, soll so sein – ein Gotteshaus, in dem Gott mit allen umgeht, wie er einmal mit dem Mann Mose umgegangen ist. Das ist das Neue – auf das wir hoffen können. So sollen wirs uns denken. Da werden wir selig sein, in dem großen Glück, das Gott uns gibt.

Denn das Erste ist vergangen – „Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wir mehr sein“ – auch das gehört dazu, wenn wir dieses Neue denken: Dass dann nicht mehr da ist, was wir jetzt sehr wohl kennen. Das, was uns quält. Das, was uns bedrängt, das Alte. Wir wissen, was das ist. Und sollen all dies hinter uns lassen in unserer Hoffnung: Wenn Gott alles neu machen wird, dann wird der Arm, oder das Kreuz, oder das Knie nicht mehr schmerzen. Dann wird niemand mehr weinen und schreien, weil ihm Unrecht geschieht, und keiner wird mehr trauern, weil ihm das Liebste durch den Tod entrissen ist. Wir wissen, wie das ist, wenn die Mutter ihr schluchzendes Kind auf den Arm nimmt, und redet ihm gut zu, und wischt ihm die Tränen ab – und der Schmerz geht, und Geborgenheit und Glück kommt. So wird Gott es mit uns tun!

Wie dieses Glück zu denken ist: Wir setzen es zusammen aus Erfahrungen und Gleichnissen, die wir kennen und setzen dazu: So wird es sein, nur anders, größer, überwältigender.

 

2.

Warum wir gewiss sein können, dass dieses Glück kommt. Nun, wir haben die großen Worte des Sehers der geheimen Offenbarung – Gott spricht selbst: Ich bin das A und das O, der Anfang und das Ende. Das besagt: Derselbe Gott, der jetzt schon den Anfang gesetzt hat, der wird dieses Neue bringen. Derselbe – darum ist dieses Neue so gewiss wie diese Welt, die wir jetzt sehen und spüren – ist dies Neue so gewiss wie dies, dass wir hier leben, und atmen, dass ich hier rede, und ihr hört mich reden.

Sicher kommen da dann die Einwände: Gewiss ist diese Welt. Aber was da kommen soll, dieses Neue, das uns das große Glück bringen soll, das ist nicht gewiss. Das kann man nicht hören, und fühlen, und sehen. Sicher – dieses Neue ist noch nicht so da, in aller Öffentlichkeit und Eindeutigkeit. Aber es ist auch nicht so weit weg, dass wir es nicht jetzt schon hier oder da erfahren und wahrnehmen könnten. Unser Leben ist sozusagen schon immer wieder berührt von diesem Neuen. Ihr kennt das wie es ist, wenn man mit einer Zentnerlast von Sorgen im Bett liegt und die Stunden vergehen, und der Schlaf kommt nicht! Und dann wird es doch Tag – und die Hoffnung kommt wieder. Und vielleicht begegnet uns ein Mensch, mit dem wir reden können, oder eine gute Nachricht kommt, und wir sind getröstet. Das widerfährt uns in dieser Welt, dass Leid und Schmerz weichen müssen, ja, das der Tod, der schon ganz nahe zu sein schien, noch einmal geht.

 

Wir sollen sie ganz ernst nehmen, solche Erfahrungen, die jeder von uns machen kann, Erfahrungen, dass Gott jetzt schon nahe ist. Und das ist erst das A, ist erst der Anfang. Das O, die Vollendung, soll erst kommen. Und so gewiss er, Gott, jetzt schon nahe ist, so gewiss gilt, dass er alles neu machen und uns das große Glück bescheren wird, das nie zu Ende geht.

 

3.

Weil wir jetzt schon Gottes Nähe erfahren, darum können wir gewiss sein, dass dieses große Glück kommt. Darum fragen wir nun noch zum Dritten, wie uns dieses Glück jetzt schon bestimmen kann. Ich will dazu zwei Hinweise geben. Einmal, dass wir das Neue Gottes jetzt schon aufsuchen, und zum anderen, dass wir dieses Neue so annehmen, dass wir überwinden, was ihm entgegensteht. Denn so heißt es ja hier: Wer überwindet, der wird es alles ererben, und ich werde sein Gott sein, und er wird mein Sohn sein.

Wir sollen lernen, das Neue schon jetzt aufzusuchen. Das ist nicht so leicht. Es ist leichter, auf die Bosheit und Niedertracht zu schimpfen, und die schlechten Menschen zu beklagen, als zu sehen, dass es auch das Gute gibt, Güte, Wahrhaftigkeit. Es ist leichter, den Teufel an die Wand zu malen, schwarz zu sehen, zu jammern, als zu bemerken, wie doch hier und dort sich neue, und vielleicht sogar bessere Wege auftun. Da ist dann Gott am Werk!

Der verheißen hat, er wolle alles neu machen, der lässt seine Welt nicht im Stich, lässt sie nicht ganz verkommen – und auch uns Menschen nicht. Seien wir glücklich darüber – denn das will er haben.

Wir sollen überwinden, was dem Neuen Gottes entgegensteht. Da ist eine weitverbreitete Stimmung und Anschauung, die das hier verheißene Neue nicht gelten lassen will, sondern meint: Der Tod ist die Grenze, über die es nicht hinausgeht. Darum sollen wir eben zusehen, dass wir aus diesem Leben das Beste machen (das kann durchaus moralisch gemeint sein). Da ist die Hoffnungslosigkeit, die nichts mehr erwartet, die sich abgefunden hat mit dem was ist, und die Augen zuschmiert, dass wir das Neue nicht sehen, weil wir es nicht sehen wollen. Da sind schließlich die Lügengötter mit ihren Lügenverheißungen, die uns das Neue und das große Glück vorgaukeln wollen: Das neue Auto zum Beispiel, oder womöglich die neue Frau (Sexgespielin). Weil Gott alles neu machen will, und weil wir dessen gewiss sein können, darum können wir dies alles überwinden.

 

Herr Gott, du bist nahe, mit deiner Güte, mit deinem Trost, mit deinem Glück. Du bist mächtig, uns die Augen zu öffnen, dass wir dich am Werk sehen in dieser Welt. Du bist Anfang und Ende. Deine Worte sind wahr und deine Verheißungen gewiss. Dich wollen wir lieben und ehren.

Amen.

 

 

Himmlischer Vater,

dich rufen wir an im Namen Jesu Christi: Lass uns auf deine Verheißung hören, dass wir dir allein trauen, unser Leben im Gehorsam gegen deinen Willen führen und der ewigen Freude teilhaftig werden, die du uns bereitet hast, durch Jesus Christus, deinen Sohn, der mit dir….

Amen

 

Herr,

du hast uns Großes verheißen. Mach uns im Glauben fest, dass wir allein dir vertrauen und unser Leben nach deinem Willen führen.

Wir bitten dich für die, die Schmerzen haben und Leid tragen: Tröste sie und zeige ihnen deine zukünftige Seligkeit.

Wir bitten dich für die, die durch die Macht des Todes betroffen sind. Mach sie gewiss, dass du den Tod überwunden hast und ihnen und uns allen helfen willst.

Wir bitten dich für die Menschen, die betroffen sind durch die Furcht vor der Zukunft unserer Welt und der Völker auf ihr. Zeige du Wege zum Guten, zu Frieden und Gerechtigkeit.

Insbesondere bitten wir dich um unser Volk und unseren Staat. Wende du zum Guten, was böse aussieht, und gib Einsicht, Achtung vor dem politischen Gegner und Verantwortung für das Wohl des Ganzen bei denen, die uns regieren.

Herr, lass uns dein Gutes sehen und gib uns die Hoffnung, die die Welt überwindet.

(Amen)