Röm 5,1-5
11.03.2001 (Reminiszere), Eschenau
EG 441,1-5 Du höchstes Licht, du ewger Schein
EG 366,1-7 Wenn wir in höchsten Nöten sein
EG 343,1-4 Ich ruf zu dir, Herr Jesu Christ
EG 421 Verleih uns Frieden gnädiglich
Mk 12,1-12
Röm 5,1-5
Du unser Gott,
der du uns mit deiner Liebe zuvorkommst und unser Leben begleitest, wir bitten dich,
lass uns im Glauben bei dir bleiben und dir folgen auf deinen Wegen, durch unseren Herrn und Bruder Jesus Christus.
Dreifaltiger Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist,
du umfängst uns mit deiner Liebe und lässt uns allezeit hoffen auf deine Güte.
Wir bitten dich für deine Gemeinde an diesem Ort und in der ganzen Welt: Gib ihr, dass sie dich bezeugt in Worten und Taten und deiner zukünftigen Herrlichkeit entgegengeht.
Wir bitten dich für die Völker und Staaten, für alle, die Gewalt erleiden oder die Macht ausüben. Gib allen Menschen ihr Recht und lass sie als deine Kinder miteinander leben. Gib du Frieden im Heiligen Land.
Gib allen Menschen, was sie brauchen, Brot und Arbeit, Heimat und Anerkennung. Lass uns vertrauen auf die gewissenhafte Arbeit der Menschen, auf die wir angewiesen sind. Besuche die Einsamen und Kranken, begleite die Sterbenden, tröste die Trauernden.
Gott, wir hoffen auf dich, du wirst es gut machen.
Amen.
Wir sind zusammengekommen, um miteinander Gottesdienst zu feiern.
Vor ihm, der uns besser kennt als wir uns selbst kennen, bekennen nun, dass wir aneinander und an Gott schuldig geworden sind durch vieles, welche wir getan haben, und auch, was wir nicht getan haben. Darum bitten wir: Gott, sei mir Sünder gnädig.
Liebe Gemeinde,
„Unverdient gut habe ich es doch gehabt in meinem Leben“, so hat sie gesagt. Daran muss ich denken, wenn ich das lese: Frieden haben wir mit Gott. Unverdient gut habe ich es gehabt: Wo einer so sagen kann, da ist dieser Friede mit Gott. Dabei hatte sie es gewiss nicht immer leicht. Ihr Mann war recht schwierig und kränkelte, brauchte viel Rücksicht und Pflege. Die beiden Söhne sind im Krieg geblieben. In den letzten Kriegswochen wurde sie ausgebombt und musste mit einer behelfsmäßigen Wohnung in Untermiete bei sehr unfreundlichen Wirtsleuten und mit einem zusammengestoppelten Haushalt zurechtkommen. Und doch kam das aus ganzem Herzen: Unverdient gut habe ich es doch gehabt in meinem Leben!
Ich brauche gar nicht lange zu sagen, dass das auch ganz anders aussehen kann: Womit habe gerade ich das verdient? Warum trifft es mich, nicht diesen oder jenen, die doch gewiss nicht besser sind als ich? Nein! Nichts davon: Nur dieser Friede mit Gott, der sich da zeigt. Unverdient gut habe ich es doch gehabt in meinem Leben. So kann ein glücklicher Mensch schon sagen.
Aber wie komme ich dazu? Lässt sich so etwas denn lernen? Nun, ich habe bisher vom Glauben, und ich habe bisher von Jesus Christus noch nicht geredet. Und wenn ich mich an diese alte Frau erinnere, dann auch daran, dass sie fromme Worte eher scheute. Aber wenn wir nach dem Frieden mit Gott fragen, werden wir davon schon reden müssen. Das ist der erste Schritt zu solchem Frieden, dass wir den Zugang zu Gott haben. Und weil wir diesen Zugang haben, darum können wir dann auch davon Gebrauch machen.
„Kein Zutritt!“ Vielleicht auch: „Zutritt für Unbefugte verboten!“ Und dazu ein fester, hoher Zaun. Was soll ich da? Und du wendest dich vielleicht schon ab. Drehst dich um und gehst den anderen Weg. So kann das schon sein! Kein Zutritt zu Gott? Da ist der Zaun gar nicht wirklich da. Eingebildet ist, im Kopf, im Herzen. Und über solche Einbildung kann einer Gnade und Hoffnung versäumen. Eingebildet, im Kopf: In Gleichgültigkeit. Was soll mir das bringen? Ich habe andere Sorgen. Hilf dir selbst! Das ist immer noch am sichersten. „Kein Zutritt“ Brauche ich auch nicht, will ich nicht. Oder da sind die Zweifel: Was ich schon gesehen habe, das reicht mir. Gott? Wenn es ihn überhaupt gibt, um mich kümmert er sich gewiss nicht. Im Kopf ist so der Zaun – und im Herzen, das sein Glück erträumt, das doch nicht kommen kann. Denn insgeheim weiß ich doch genau, dass ich die Welt so nehmen muss, wie sie nun einmal ist, und dass ich erst recht mich selbst nicht anders machen kann als ich nun einmal bin.
„Kein Zutritt! Unbefugte haben keinen Zutritt!“ So steht es an diesem eingebildeten Zaun, im Kopf, im Herzen. Da ist es gut, wenn es mir anders gesagt wird: „Durch ihn“, durch unseren Herrn Jesus Christus, „haben wir auch den Zugang im Glauben zu dieser Gnade, in der wir stehen, und rühmen uns der Hoffnung der zukünftigen Herrlichkeit, die Gott geben wird.“ Es wird mir gesagt, und ich kann mich darauf einlassen. Es wird mir vorgelebt, und ich kann das nachmachen. „Unverdient gut habe ich es doch gehabt in meinem Leben“: Wer das sagen kann und es anderen zeigt, der hat es eingeübt. Von der Gemeinde, der Kirche muss ich da reden, und vom Gebet; von beidem miteinander, so, wie es zusammengehört und beieinander ist. Das ist ja dieser Zugang, dass wir beten, miteinander und dann, wenn wir es gelernt haben, auch jeder für sich selber. Darin lebt der Glaube, darin wird er eingeübt, in solchem Beten. Von Gnade und Hoffnung redet Paulus, von dem, was uns gegeben ist, und von dem, was uns erwartet. Danken können wir dafür, was uns gegeben ist. Vielleicht ist das besonders eine Sache von uns alten Leuten, dass wir das dankbar durchgehen können, was gewesen ist. Aber zugleich ist da das, was kommen wird. Es ist gut gewesen, und so wird es auch weiter gut sein und zuletzt in ganz besonderer Weise. Gott lässt sich die nicht nehmen, die er liebt.
Miteinander, in der Gemeinde, und füreinander, so üben wir den Zugang zu Gott ein. Das ist der Schritt des Glaubens, den jeder von uns gehen kann, und wir können uns gegenseitig dazu auffordern und es miteinander einüben. Den eingebildeten Zaun im Kopf und Herzen wegreißen, zu Gott kommen mit unserem Dank, mit unserer Bitte.
Aber Paulus redet nun von einem zweiten Schritt des Glaubens. Den kann einer nicht selbst suchen und gehen wie diesen ersten. Den wird er geführt. Von Bedrängnissen ist da die Rede, von den „Trübsalen“, wie Luther das übersetzt hat. Und die führen weiter im Glauben: „Nicht allein ... „
Solche Bedrängnis, Trübsal: Das ist das, was uns dazwischenkommt. Jeder von uns hat seine Lebensplanung, hat sich eingerichtet, hat sich das klargemacht, wie es weitergehen soll. Und meist geht es dann ja auch so. Aber dann kommt etwas dazwischen, und da ist die Angst, wie es denn nun weitergehen wird. Die Kühe, die zum Schlachten gegeben werden. Eine Krankheit, ein Unfall, gar der Tod eines nahestehenden Menschen: Ihr wisst, wie das ist, wenn wir unsere Lebensplanung haben. Und dann kommt etwas dazwischen.
Am Erzvater Jakob können wir uns das Beispiel nehmen: Reich ist er geworden durch Gottes Segen, nachdem er vor seinem Bruder Esau geflohen war. Und nun ist er auf dem Weg nach Hause und weiß, dass er seinem Bruder begegnen muss. Er hat das genau vorausgeplant, hat es geschickt eingefädelt. Die Knechte und das Vieh, in zwei Teile geteilt: Wenigstens der eine soll ihm bleiben. Geschenke für den Bruder sind unterwegs, um ihn zu besänftigen. Das muss doch gut gehen! So ist sein Plan. Und dann, als er als letzter den Fluss überschreitet, da fällt dieser Unheimliche über ihn her: „Da rang ein Mann mit ihm bis zum Morgen.“ Wer das war: ein Dämon, ein Engel, Gott selbst? Da ist das, was Paulus Trübsal heißt, Bedrängnis, das, was dazwischenkommt, das, was in unserer Lebensplanung nicht vorgesehen ist und gar nicht vorgesehen sein kann. Aber Jakob, der lässt gerade da nicht los, lässt sich nicht fallen, bleibt bei diesem Unheimlichen: „Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn!“
Das ist dann der andere Schritt des Glaubens, der, den wir nicht selbst suchen, den wir geführt werden. Es kann sein, dass danach dann wie bei Jakob wieder das Licht der Sonne aufgeht. Dass wir andere Schritte gehen, miteinander und füreinander. Ich werde auch den letzten Schritt zu gehen haben, wenn der Tod kommt. „Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn!“ Da ist dann der Friede mit Gott, und da bleibt der Friede mit Gott. „Unverdient gut.“
Mein Gott, du gibst mir das Leben, und erfüllst mich in dieser Welt mit deiner Güte! Ich danke dir. Herr Jesus Christus, du hast den Zugang eröffnet zu Gnade und Hoffnung. Heiliger Geist, durch dich ist Gottes Liebe in unser Herz ausgegossen, dass wir dort nicht zuschanden werden, wo wir in Bedrängnis sind!
„Unverdient gut ... „ An diese Frau denke ich dort, wo ich das lese: „Frieden mit Gott.“ Amen.
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