9. n. Trinitatis, 30. Juli 1961 Wolfenhausen/Nellingsheim

 

212, 1-4              Christe, du Beistand (108)

384, 1-4              Ich weiß, mein Gott (128)

518, 5.6              Auf komm, füll unsere (173)

384, 13.14          Ich weiß, mein Gott (128)

 

1.Petrus 4, 7-11

Lukas 16. 1-8

 

Liebe Gemeinde!

 

Natürlich hat Jesus nicht darum diesen Verwalter gelobt, weil er ein so geschickter Betrüger gewesen ist. Sondern deshalb hat er ihn gelobt, weil der es sogleich begriffen hat, was die Stunde geschlagen hatte, und weil er sich klar und eindeutig auf die neue Stunde eingestellt hat. Er wusste: Mit der Macht, welche mir mein Amt gegeben hat, mit der ist`s jetzt vorbei. Und hat dann doch noch verstanden, diese Macht seines Amtes so auszunützen, dass er auch weiterhin ein Herr blieb. Denn das scheint mir unzweifelhaft: Nicht darum hat er die Schuldner seines Herrn dazu veranlasst, und ihnen dabei geholfen, ihre Schuldscheine zu fälschen, weil er bei ihnen irgendeine freundschaftliche oder dankbare Gesinnung erreichen wollte. So weltfremd ist dieser Mann nicht gewesen. Sondern er wusste genau: Wenn die jetzt mitmachen, wenn die jetzt auf meine Vorschläge eingehen – dann habe ich sie in der Hand. Dann gehören sie zu mir – als meine Komplizen bei dieser Betrügerei. Dann können sie es sich nicht leisten, mich abzuweisen, denn dann kann ich ja immer damit drohen, dass ich ihren Betrug aufdecken werde. Nicht auf Freundschaft und Dankbarkeit hat dieser Mensch gerechnet, sondern er hat in letzter Stunde die Möglichkeiten, welche ihm sein Amt gab, dazu ausgenützt, eine handfeste Erpressung vorzubereiten. Und Jesus hat ihn gelobt: Der hat klüglich gehandelt – der hat die Möglichkeit, die ihm noch gegeben war, ausgenützt. Er wusste wohl: Wenn ich draußen bin aus meinem Amt, dann komme ich nicht allein weiter. „Graben kann ich nicht, auch schäme ich mich zu betteln“ Und hat darum rechtzeitig dafür gesorgt, dass er Leute an der Hand hatte, die ihm dann wohl oder über weiterhelfen mussten.

Liebe Freunde! Jesus hat diese Geschichte erzählt als ein Beispiel, wie die rechte Klugheit aussieht. Er hat die Klugheit dieses Verwalters, dieses Weltkindes, wie es hier heißt, seinen Gläubigen, den Kindern des Lichtes, als ein nachahmenswertes Beispiel vor Augen gestellt. Sehen wir also zu, was es an diesem Beispiel für uns zu lernen gibt.

Dabei müssen wir vorne anfanden. Das, was über den Verwalter gekommen ist, dieses nämlich, dass er sein Amt verloren hat, ist nicht unvorbereitet einfach plötzlich über ihm hereingebrochen. Vielmehr hat es ihm sein Herr angesagt, dass es so sei! Und als er das hörte, da wusste er Bescheid. Wissen wir auch Bescheid – Bescheid über das, was uns Gott ansagen lässt? Bescheid darüber, dass es gleich so weit ist, Rechenschaft abzulegen? Natürlich ist uns das schon klar, dass wir alle irgendwann einmal sterben müssen, und dass dann etwas kommen wird, von dem wir nicht so recht eine Vorstellung haben. Aber das genügt ja gerade nicht, ein solches allgemeines und darum unverbindliches Wissen, dass irgendwann der Tod kommen wird. Vielmehr wird uns das recht klar und eindeutig erst dort gesagt, wo wir es hören: Es ist dem Menschen gesetzt, einmal zu sterben, danach das Gericht! So ist das – und wer einsichtig ist, wer klüglich handeln möchte, der sollte das begreifen. Der sollte das begreifen, indem er sich beispielsweise seiner Taufe erinnert. Der Taufe, die ihm diesen Tod zeigt; die ihm sagt: Du gehörst ersäuft, du Mensch – so wie Gott sie einst alle in der Sintflut ersäuft hat. Schuldig bist du, Gericht und Verdammnis zu erleiden. Wären wir klug, liebe Freunde!, klug und einsichtig wie jener Verwalter, dann würden wir uns darüber keinen Illusionen hingeben. Dann wüssten wir, was die Stunde geschlagen hat. Dann begriffen wir, wie wir dran sind – Aber wir: Wir bilden uns doch immer ein, wir seien schon recht, so, wie wir sind. Wir bilden uns etwas darauf ein, dass wir fleißig sind, und arbeitsam und im Großen und Ganzen auch ganz anständig. Wir bilden und etwas darauf ein, dass wir schon eine ganze Menge durch gemacht haben in diesem Leben. Und denken, das werde ja dann auch so weiter gehen, wenn es einmal mit dem Leben auf dieser Welt zu Ende sei!

Seht: der Verwalter, obwohl er ein Lump war – ja vielleicht gerade deswegen – der wusste genau, wie er dran war, als ihn sein Herr dazu aufforderte, Rechenschaft ab zu legen. Der hat geglaubt, was ihm gesagt wurde, nicht so allgemein bloß und so obenhin geglaubt. Sondern der wusste: Jetzt bin ich dran. Und weil er das wusste, darum hat er gehandelt. Liebe Freunde! Wir hören das auch oft genug: Euch geht’s an! Ihr seid dran! Zu euch redet Gott – und haben uns vielleicht schon fast ein wenig zu sehr daran gewöhnt, so dass wir es gar nicht mehr so richtig ernst nehmen. Nehmen wir dann doch wenigstens dies ernst, dass wir getauft sind! Dass jeder ganz persönlich bezeichnet wurde: Du, Friedrich, Karl, Eugen – oder wie einer immer heißen mag: Du bist dran! Jetzt bist du dran! Rechenschaft musst du geben – und da kannst du dir nicht mehr selber helfen!

Wir hören es, und hören es oft, und gewöhnen uns daran, und meinen, so dringlich sei es nicht, bis dann einmal der Tod nach uns greift! Seht, darum sind wir getauft, dass wir uns von Anfang einstellen auf den Tod! Sobald wir etwas verstehen können – dass wir es dann wissen: Nicht so allgemein und irgendwie und unverbindlich ist das, was ich höre in der Predigt, und was ich lese in der Bibel – sondern ich bin dran. Jetzt ist meine Zeit, welche ich auszunützen habe.

So, wie das jener betrügerische Verwalter wusste: Jetzt ist meine Zeit, jetzt muss ich etwas tun. Denn wenn ich’s jetzt versäume, dann ist es vorbei mit meiner Macht, dann kann ich mir nicht mehr helfen. Wer von uns begreift schon diese Dringlichkeit? Nun ja, hin und wieder hören wir’s uns einmal an, was der Pfarrer predigt, und stimmen dem auch im großen Ganzen zu, wenn wir auch der Meinung sein mögen, dass es schon nicht alles so schlimm sein werde, wie es da heißt! Dass wir es doch begriffen, liebe Freunde: Da fängt das Unheil an, wo wir es nicht hören wollen, wo wir es nicht ernst nehmen, was uns gesagt wird. Wer denkt denn daran, was es heißt, dass er getauft ist? Wer denkt denn daran, dass es nichts Wichtigeres gibt in seinem Leben als das, was ihm da gezeigt wird: Nütze die Zeit, welche dir noch verbleibt. Wir meinen, wir wüssten es schon, wie wir unsere Zeit zu nützen haben. Wir meinen, wir könnten schon nach Gutdünken über diese Zeit verfügen! Täuschen wir uns ja nicht. Jetzt ist Zeit, Zeit zum Hören und Zeit zum Handeln. Aber: Wie sollen wir denn das begreifen, wenn wir nicht einmal Zeit zum Hören haben. Wenn wir so vielerlei zu tun haben, dass es uns kaum mehr reicht, zum Gottesdienst zu kommen! Da war dieser betrügerische Lump schon ein anderer Kerl. Denn er wusste Bescheid und machte sich nichts vor. Und darum hat er sich ja auch nicht damit begnügt, sich sagen zu lassen, wie er dran war, sondern er hat daraus seine klaren Konsequenzen gezogen!

Seht: auch diese Konsequenzen, die wir zu ziehen haben, werden uns deutlich genug vor Augen geführt. Der Verwalter wusste: Allein werde ich nicht fertig mit dem, was da kommt. Darum muss ich mir Leute verpflichten, die mir helfen, wenn es so weit ist. Und wusste genau, wie er das zu machen hatte! Und wir? Wir nehmen`s nicht ernst, was uns gesagt wird, und nehmen`s nicht ernst, was wir für eine Möglichkeit haben, weiter zu kommen! Seht – wenn wir bloß das begriffen, was die heilige Sakramente, Taufe und Abendmahl, uns lehren, dann wäre schon vieles gewonnen. Dann merkten wir: Dich geht`s an! So gewiss gerade du getauft bist, so gewiss verlangt Gott von dir Rechenschaft. So gewiss steht es dir bevor, dich dem Urteil Gottes zu stellen. Und das heilige Abendmahl lehrt es uns nicht das: Allein, da kannst du nicht bestehen, wenn jene Zeit kommt. Allein, da wirst du nicht fertig werden, wenn jene Zeit kommt. Nur miteinander – nur wenn wir gerade nicht jeder für sich allein sind, werden wir in jener neuen, in jener ganz anderen Zeit bestehen können. Ich sage: Das lehrt uns das heilige Abendmahl, in welchem uns sinnenfällig deutlich gemacht wird, dass wir allein nicht bestehen können. In welchen uns sinnenfällig deutlich gemacht wird: Ihr gehört zusammen, gehört zusammen als der Leib Christi gehört zusammen als die, welchen in Christus ein neues Leben eröffnet ist!

So wäre es gut, wenn wir gerade die Sakramente der christlichen Kirche, Taufe und Abendmahl, zu Hilfe nähmen, um zu verstehen, was uns Jesus im Gleichnis vom ungerechten Haushalter sagen will!

Aber gewiss gilt dann hier wie immer, und hier vielleicht noch in ganz besonderem Maße: Es genügt nicht, wenn wir verstehen. Vielmehr, wer versteht, der wird sich auch dran halten. Der wird wissen: Es genügt nicht, wenn ich mir im heiligen Abendmahl zeigen lasse: Wir Christen gehören zusammen, denn wir sind ein Leib, und sind berufen zu einem Heil. Vielmehr werden wir dann merken: Es gilt zu handeln: Es gilt etwas zu tun – es gilt, diese Gemeinschaft zu bewähren, gilt sie zu bewähren bis hin zu dem, dass wir wissen: Auch mein Geld gehört nicht mir allein. So ist zu verstehen, wenn es am Schluss unseres Gleichnisses heißt: Machet euch Freunde mit dem ungerechten Mammon, auf dass, wenn es damit zu Ende ist, sie euch aufnehmen in die ewigen Hütten.“

 

Neue Disposition: Der Verwalter hat

1.   Gehört

2.   Begriffen

3.   Gehandelt

 

 

Amen