11 n. Trinitatis 30.8.1987 Altenheime Zerzabelshof, Nürnberg

 

EKG 349, 1-3     Morgenglanz

283,1-4      Von Gott will ich nicht

281, 1-3     Wie`s Gott gefällt

Verleih uns Frieden

 

Lesung: Eph 2, 4-10

Predigt: Matthäus 21, 28-32

 

Du unser Gott,

wir danken dir, dass du regierst. Wir danken dir, dass du zurecht bringst, was wir verfehlen.

Für alle Menschen bitten wir dich, dass sie deine Treue und Güte erkennen und dir vertrauen.

Wir bitten dich für deine Kirche, für alle, die dir glauben wollen, für alle, die ein Amt haben:

Gib uns dein Wort, das wir deine Wahrheit erkennen und sie recht bezeugen mit Worten und Taten.

Wir bitten dich für die Völker und Staaten, für Regierende und Regierte: Gib du allen Recht und Frieden. Wehre dem Hass, der Feindschaft und Unterdrückung.

Wir bitten Dich, gib allen Menschen, was sie brauchen, Brot und Arbeit, Heimat und Anerkennung. Wehre du der Zerstörung unserer Welt und schütze alles Leben.

Besuche die Einsamen; hilf den Kranken. Geleite die Sterbenden; tröste die Trauernden.

Herr, dein sind wir. Lass uns bei dir bleiben und vollende deinen gnädigen Willen mit uns und aller Welt.

Amen

 

Du unser Gott,

der du bei uns bist und uns führst nach deinen gnädigen Willen,

wir bitten dich, lass uns erkennen, wie deine Güte uns leitet, damit wir dir vertrauen in allem, was uns widerfährt,

durch unseren Herrn und Bruder Jesus Christus, deinen Sohn, der mit dir und dem heiligen Geist lebt und regiert in Ewigkeit.

Amen

 

Liebe Gemeinde,

 

auf den ersten Blick und beim ersten Hören, da scheint dieses Gleichnis von den beiden Söhnen leicht zu verstehen: Ja-Sagen genügt nicht. Auf das Tun kommt es an. Freilich, wenn wir dann danach fragen: Was für ein Tun ist da gemeint, dann bekommen wir zwar immer noch eine Antwort: Buße sollen wir tun, wie die Zöllner und die Huren, als sie Johannes den Täufer hörten. Doch damit sind wir noch nicht viel weiter gekommen. Denn wie macht man das? In das Reich Gottes kommen sie, sagt Jesus – aber euch ist es verschlossen: Euch, den Ja-Sagern.

Ich denke, hier müssen wir anfangen, wenn wir überhaupt verstehen wollen. Ich bin je länger desto vorsichtiger geworden mit den Worten, die mir von klein auf geläufig sind. Was das heißen soll, Reich Gottes? Ob ich da nun nach oben zeigen soll – in den Himmel: Da geschieht sein Wille? Oder ob ich nach vorne zeigen soll, in die Zukunft: Es wir kommen, das Reich Gottes? Sie merken, ich rede da vom Vaterunser, von den ersten Bitten dieses Gebetes, das uns Jesu gelehrt hat: Unser Vater im Himmel, dein Name werde geheiligt, dein Reich komme, dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden. Was heißt das also, Reich Gottes? Ich will es einmal umsprechen: Gott regiert! Das ist da gemeint. Er, er regiert.

 

Wer weiß das nicht? Aber da geht es ja nun gerade nicht bloß um das Wissen. Da geht es jetzt darum, ob wir das wahrhaben können und wahrhaben wollen, dass er, dass Gott regiert!

Wenn wir einmal dabei sind, so zu fragen, dann werden wir dieses Gleichnis Jesu von den zwei Söhnen auf einmal sehr viel besser begreifen. Ich kann ihn so gut verstehen, den ersten dieser Söhne, den Neinsager: Er hat doch seinen Plan gemacht, hat etwas Rechtes vor diesen Tag, will vielleicht einen Freund besuchen, will vielleicht ein Fest feiern, hat ein paar Tage schwer gearbeitet und nun hat er seine Ruhe verdient – da kommt der Vater und will von ihn, dass er seinen Plan fahren lässt. Nein!

Sie verstehen, was da gemeint ist: Jeder von uns hat seine Pläne mit sich herumgetragen. Da ist der Beruf, da ist die Ehe, da sind die Kinder. Es gehört zu uns Menschen dazu, dass wir unsere Pläne mit uns herumtragen. Freilich, es sind gerade die Jungen, die ihre Flausen im Kopf haben und etwa ganz Besonderes sein wollen. Wer erinnert sich nicht? Vielleicht ein bisschen wehmütig, vielleicht auch ein bisschen mit einem Lächeln: Was habe ich nicht alles vorgehabt.

Aber Gott regiert! Und das heißt dann: Was aus meinen Wollen und Planen geworden ist – das bestimmt er. Da gibt es manchen dicken Strich durch meine Rechnungen. Er, er regiert: Das ist doch nicht bloß ein frommer Spruch. Das ist meine Erfahrung – ist eines jeden Erfahrung. Ich will hier nur eines nennen, das uns alle betroffen hat: Das ist der Krieg, sind seine Ursachen, ist sein Ausgang und seine Folgen. Geplant hat das keiner, nicht die, die diesen Krieg angezettelt haben – und dann nicht mehr die Herren ihrer Entschlüsse waren. Rudolf Heß, der diese Woche endlich unter die Erde gekommen ist – er wollte wohl mit seinen Flug nach Großbritannien noch eine Wende erzwingen.

Geplant hat das keiner, was da gekommen ist – aber wie viele Pläne und Hoffnungen, wie viele gutgemeinte Anstrengung ist da durchkreuzt worden.

Ich brauche von dem Schrecken und dem Leid dieser Zeit nicht zu reden – was da jeder erlebt hat, das vergisst er nicht. Da ist es auf einmal gar nicht mehr selbstverständlich zu sagen: Er, er regiert! Nein! Das darf doch nicht wahr sein. Nein! Das kann Gott doch nicht von mir verlangen: Den Verlobten, die Gesundheit, die Heimat, Haus und Beruf. Nein! Ich versteh ihn nur zu gut: Gerade den Nein-Sager in unserem Gleichnis versteh ich nur zu gut, der sich abwendet. Mit mir nicht – so nicht! „Nein, ich will nicht. Danach reute es ihn und er ging hin.“ Brauche ich das nun noch lange auszuführen, was da gemeint ist? Er, Gott, er regiert. Ich denke daran, wie Paul Gerhart. Das einem solchen Nein-Sager in Herz und Gewissen redet: „Auf, auf, gib deinem Schmerze und Sorgen gute Nacht, lass fahren, was das Herze betrübt und traurig macht; bist du doch nicht Regente, der alles führen soll, Gott sitzt im Regimente und führet alles wohl. Ihn, ihn lass tun und walten, er ist ein weiser Fürst und wird sich so verhalten, dass du dich wundern wirst, wenn er, wie ihm gebühret, mit wunderbarem Rat das Werk hinaus geführet, das dich bekümmert hat.“

Danach reute es ihn und er ging hin: so heißt es von diesem Neinsager. Er hat sich seine Pläne durchstreichen lassen – und hat es akzeptiert, was gekommen ist: Gott regiert – und das ist gut so.

Brauche ich nun noch lange bei dem anderen zu bleiben, bei dam Ja-Sager? Seine frommen Sprüche hat der sicher ständig im Munde geführt. Und konnte andere trefflich belehren, wie man sich nun einmal in Gottes Willen schicken müsse. Aber für sich selbst ist er bei seinen Plänen und Wünschen, bei seinen Träumen und Hoffnungen geblieben – bei dem Aufbegehren, bei dem Unwillen. So oft er`s auch sagt: Er will es nicht wahrhaben, dass Gott regiert, und dass es gut ist so. Und probiert noch und noch, wie er vielleicht doch noch Gott selbst überlisten und am Ende seinen eigenen Kopf durchsetzten kann. Gebe Gott, dass keiner von uns so ein verbohrter Ja-Sager sein muss.

Wenn wir dabei bleiben, so zu fragen, nach Gott selbst, und danach, wie er regiert: Mein Leben, jedes Leben, unser aller Leben – dann ist es wirklich nicht schwer, dieses Gleichnis Jesu zu verstehen, das Gleichnis von den beiden Söhnen, von dem Nein-Sager, der sich dann doch in des Vaters Willen schickt, und von dem Ja-Sager, der bei seinen eigenen Wünschen und Träumen bleibt. Wer etwas erfahren hat im Leben: Den Nein-Sager, den wird er gewiss verstehen, der da sagt: Nein! Ich will nicht. Und danach reute es ihn, und er ging hin. Und hat begriffen, dass es gerade so gut ist. Wie das Ambrosius Blaurer gedichtet hat. Einer, dem es oft gegen den Strich ging. Ein reicher Konstanzer Patriziersohn war er, und ist dann ins Kloster gegangen. 1515 war das. Er sollte etwas werden im Kloster. Und wurde dann von der Reformation erfasst. Seine Vaterstadt hat er dem Evangelium zugeführt – und weit darüber hinaus gewirkt. Und musste erleben, wie im Interim 1548 nach dem unglücklichen Schmalkaldischen Krieg sein Lebenswerk zusammenbrach, seine Vaterstadt gewaltsam rekatholisiert wurde. Er selbst musste in die Schweiz in Verbannung gehen. Als alter Mann, dem so viel quer gegangen war, kurz vor seinem Tod, hat er gedichtet: „Wie`s Gott gefällt, gefällt`s mir auch!“…“Soll`s sein, so sei`s ohn` Dichten.“

Amen