9.n. Trinitatis, 11. August 1963 Wolfenhausen/Nellingsheim
249, 1-4 Such
wer da will (71)
384, 1-5 Ich
weiß mein Gott (122)
253, 4.5 Auf,
Christenmensch (169)
384, 13.14 Ich
weiß mein Gott (122)
Römer 10, 12-16
Matthäus
7, 24-29
Liebe Gemeinde!
Von Jesus heißt es, das Volk habe sich über seine Lehre
entsetzt; denn er lehrte mit Vollmacht, und nicht wie ihre Schriftgelehrten. –
Nun ist keiner von uns damals dabei gewesen, und wir brauchen uns auch über den
Unterschied zwischen Jesu Predigt und der der jüdischen Schriftgelehrten seiner
Zeit keine großen Gedanken zu machen. Viel wichtiger ist, dass wir es von da
aus lernen, eine gute Predigt von einer schlechten, eine falsche Predigt von
einer rechten Predigt zu unterscheiden.
Ganz allgemein wird man dazu sagen können, dass eine rechte,
gute Predigt etwas von jener Vollmacht haben sollte, wie sie da der Predigt
Jesu nachgesagt wird. Aber was heißt das?
Seht: Wir machen uns das Predigthören viel zu einfach! Und
indem ihr euch das Hören viel zu einfach macht, darum macht ihr euren Pfarrern
das Predigen oft viel zu leicht und bequem. Was meine ich damit? Kommt einer
nicht in die Kirche mit dem stillen oder klaren Gedanken: Es wird schon recht
sein, was der Pfarrer predigt! Dazu ist er ja Fachmann, dazu hat er ja
studiert, da kann und will ich ihm nicht dreinreden. Was er sagt, das
wird schon recht sein – darüber steht mir kein Urteil zu! So ist`s doch – was
er sagt, der Pfarrer, darüber traut sich der Unstudierte nicht zu urteilen.
Daran, liebe Freunde!, liegt viel von der Krankheit unseres Predigens und
Hörens, dass wir uns dieses Urteil nicht zutrauen, über das, was der
Pfarrer predigt. Da bleibt ja dann nur noch das andere Urteil, das Urteil
darüber, wie einer predigt, wie er seine Sache sagt. Da freilich wissen
wir zu urteilen – und oft genug sogar sehr hart und ungerecht zu urteilen. Gut
predigen, das heißt so predigen, dass es einen nicht langweilig wird. Sie muss
kräftig und mit lauter und deutlicher Stimme vorgetragen sein, eine Predigt.
Sie darf auf gar keine Fall länger dauern, als wir das normalerweise gewöhnt
sind. Es muss eine Predigt sein, die man versteht, sie muss so klar und
deutlich sein, dass man den Gedanken, die da vorgetragen werden, zu folgen
vermag. Gut und recht, wenn ein Prediger die Gabe hat, es so zu manchen! Aber
sind das nicht alles miteinander noch Äußerlichkeiten? Meint ihr, darin habe
sich Jesu vollmächtige Predigt von jener der jüdischen Schriftgelehrten
unterschieden, dass er laut und jene undeutlich gesprochen haben, dass er
kurzweilig und jene langweilig redeten, dass er klare Gedanken vortrug, während
jene wirres Zeug daherredeten, dem kein Mensch zu folgen vermochte? Sicher
nicht! Ich kann mir zwar nicht gut vorstellen, dass Jesu das gewesen wäre, was
wir einen schlechten Redner nennen. Er hat doch wohl die Leute auch packen,
begeistern, mitreißen können. Aber noch weniger kann ich mir vorstellen, dass
es nicht unter den Schriftgelehrtem, die da gegen Jesu vollmächtige Predigt
abgehoben werden, auch gute Redner gegeben haben soll, die ihre Sache so
vorbrachten, dass das den Leuten gefiel. Was ich damit sagen will: Es genügt
noch lange nicht zu einen Urteil über eine Predigt, über einen Prediger, wenn
ihr so beurteilt, wie einer predigt. Es kann eine kurzweilige und mitreißende
Predigt nichts anderes erreichen, als dass sie ihre Hörer auf den breiten Weg
lockt, der zur Verdammnis abführt, und es kann eine langweilige und fade
Predigt dem, der sie zu hören vermag, Wort und Weg des ewigen Lebens werden!
Liebe Freunde! Nicht das Wie einer Predigt sollt ihr
beurteilen. Es ist eine Gabe, wenn einer kräftig und munter und kurzweilig zu
predigen vermag, so dass das Zuhören eine Lust und keine Plage ist. Aber damit
ist`s noch nicht getan! Eine rechte Predigt – das ist eine Predigt, die an Jesu
Vollmacht Anteil nimmt. Doch was heißt das? Man wird von einer solchen
vollmächtigen Predigt sagen müssen, dass sie wirkt, dass sie etwas erreicht,
dass etwas dabei herauskommt. Freilich – auch da sind wir zu kurzschlüssigen
Urteilen geneigt: Wenn einer Zulauf hat, wenn seine Kirche voll ist, wenn man
über seine Predigten redet, wenn er Beachtung findet – dann ist er ein
vollmächtiger Prediger! Liebe Freunde! Er ist gut und schön, solch ein äußerer
Erfolg; es ist manchen Pfarrer ein Trost und eine Hilfe, wenn er hier oder dort
an irgendeinen kleinen Anzeichen merkt, dass seine Mühe doch nicht ganz umsonst
ist. Aber auch das Gegenteil kann da ja leicht kommen: Dass sich einer auf
solchen Erfolg etwas einbildet, auf andere herabsieht – kurz: Ein in diesen
äußeren Sinn erfolgreicher Prediger ist immer eine zweideutige Sache, und es
kann jedenfalls nicht dieser äußere Erfolg das sichere und eindeutige Zeichen
sein für eine rechte, vollmächtige Predigt. - Wie war es denn bei Jesu? Sicher,
zuerst hat er viele Hörer gehabt, in Galiläa am See, oder auf dem Berg. Aber
wurden`s dann nicht immer weniger? Zuletzt waren`s eben die zwölf besonders
Berufenen, und auch die haben ihn dann, als es ganz ernst wurde, verlassen.
Aber freilich; recht haben wir schon, wenn wir sagen, eine
vollmächtige Predigt, das sei die Predigt, die Erfolg hat. Bloß, dass das ein
anderer Erfolg ist als der, welchen man etwa an dem äußeren Zulauf feststellen
kann. Schauen wir einmal auf das kurze Gleichnis, mit welchen Jesus die Bergpredigt
abgeschlossen hat. Da ist dann doch kurz so zu sagen: Das ist eine vollmächtige
Predigt, die den Menschen zu dem Tun führt, das Bestand hat. Freilich – wie
dieses Tun in seinem Bestand (oder in seinem Fall) erst am Ende offenbar wird –
so ist es auch mit dem Erfolg einer Predigt: Erst am Ende wird sie offenbar in
ihrer Vollmacht oder in ihrer Kraftlosigkeit. Das heißt nun freilich nicht,
dass wir es eben diesem Ende überlassen müssen, über die rechte, gute Predigt,
und über die schlechte, falsche Predigt zu urteilen. Vielmehr: Gerade der Blick
auf das Ende, wie es jenes Gleichnis Jesu abbildet, kann uns nun doch die
Möglichkeit bieten, dass wir an einem Stück es lernen, eine Predigt zu
beurteilen, nicht nur danach, wie etwas gesagt wird, sondern was gesagt wird.
Einmal: Das ist eine schlechte Predigt, die sich faule Hörer
gefallen lässt, und das ist eine rechte Predigt, die fleißige Hörer macht. Wenn
ihr aus einer Predigt herauskommt, und sagen könnt: Schön war es, gut hat`s mir
gefallen, jetzt bin ich wieder einmal für eine Woche oder für ein Jahr – je
nachdem – fromm gewesen: Das war keine rechte Predigt. Denn sie muss auf das
Tun hinauslaufen. Das kann ein sehr kleines und einfaches Tun sein – das du
dich schämst wegen der zehn Pfennig, die du als Opfer mitgenommen hast, und
wolltest jetzt doch gerne mehr tun. Oder dass du daheim deine Bibel
aufschlägst, oder die Hände faltest, oder das so lange aufgeschobene,
notwendige Wort mit der Frau, dem Sohn, dem Nachbarn sagst. Oder dass du wieder
Vertrauen fassen kannst, und dich freuen. Es ist so vielfältig wie das
menschliche Leben, dieses Tun. Aber soviel ist sicher: Das ist eine rechte
Predigt, die nicht vorbei ist, wenn der Pfarrer sein Amen gesagt hat, sondern
die weiter geht, weil aus Hörern Täter wurden – jetzt schau nicht nach den
andern, ob die`s tun, sondern auf dich selber.
Und ein Zweites: Das ist die rechte Predigt, die auf’s Ganze
geht. Das Haus, das einer baut, damit ist gemeint das Leben, das einer führt.
Gerade wo sie zu einem kleinen, zu einem einfachen Tun anleitet, wird man sagen
müssen, dass eine rechte Predigt das zeigt, womit einer nicht fertig wird,
sondern immer weiter zu tun hat. Dass er die Menschen so stellte, das war Jesu
Vollmacht, die ihn von den Schriftgelehrten Juden unterschied. Darauf wollen
wir achten.
Amen
Herr Gott, himmlischer Vater!
Wir danken dir, dass du durch dein Wort uns versammelst zu
der Gemeinde deines Sohnes, die deinen Willen tut und dir gehorcht. Du gibst
deinen Geist in unsere Herzen!
Wir bitten dich, Herr, für die ganze Christenheit. Gib ihr
Prediger, die in Vollmacht das Evangelium Christi verkündigen. Schaff du
Gehorsam in unser aller Herzen. Lass alle, die den Namen deines Sohnes tragen
erkennen, dass sie zusammen gehören, und reiße du die Mauern nieder, die uns
trennen.
Wir bitten dich für alle, die heute dein Wort nicht gehört
haben, obwohl sie mit uns zu deiner Gemeinde gehören. Wir bitten dich für die
Alten und Kranken – sei du ihr Trost in ihrer Einsamkeit. Wir bitten dich für
die Mütter, die für die Ihren sorgen. Gib du ihnen Kraft und Liebe, dass sie
gerne tun, was notwendig ist und ihre Last tragen. Wir bitten dich für die
Gleichgültigen unter uns. Herr, was könnte es größeres geben, als dich zu loben
und auf dein Wort zu hören. Das lass sie merken, dass sie dich und dein Haus
suchen. Wir bitten dich für die Hartherzigen, die dich nicht kennen wollen.
Herr, du hast Macht, Menschenherzen zu wenden. Hilf du ihnen, und bekehre sie
zu dir.
Herr Jesus Christus, du ewiges Wort Gottes. Dein Licht
leuchte uns, und führe uns auf deinem Wege, dass wir tun, was du uns gebietest,
zu deiner Ehre und unserem Heil. Amen.
Herr, segne du unsere Arbeit. Gib uns Sonnenschein, dass wir
die Ernte einbringen können ohne Schaden und Verlust!