2. nach Trinitatis 19.6.1982 Schornweisach

 

Intr. 15

98, 1-3       Komm, heiliger Geist

245, 1-3.9 Kommt her zu mir

207, 1-9     Ach bleib bei uns

139            Verleih uns Frieden

 

AT Lektion: Jes 28,7ff

Lk 14,16-24

1. Kor 14, 20-25

 

Herr Gott, himmlischer Vater,

 

der du uns durch deinen Sohn Jesus Christus berufen hast, deine Kinder zu werden, und führst unser Leben in deinem heiligen Geist,

wir bitten dich, erleuchte unseren Verstand mit deiner Wahrheit und erfülle unsere Herzen mit deiner Liebe, dass wir dich bezeugen in dieser Zeit, durch unseren Herrn Jesus Christus, deinen Sohn, der mit dir in der Einheit des heiligen Geistes lebt und regiert in Ewigkeit. Amen

 

Liebe Brüder und Schwestern,

 

wir stehen diesem Text wahrscheinlich alle mit gemischten Gefühlen gegenüber: Was ist das wohl für ein Leben gewesen in dieser Gemeinde in Korinth? Und vergleichen dann mit dem, was wir als Pfarrer mit mehr oder weniger Erfolg in Gang halten – aber sicher immer recht mühsam. Fehlt uns der Geist, den die damals anscheinend in überreichem Maße hatten? Wir sind geneigt, da dann ein Lamento anzustimmen – unsere Armut zu beklagen, die geistliche Armut dieser reichen Kirche. Natürlich ist mir das zuerst in den Kopf gekommen – aber es wäre besser, derlei zu vergessen. Und das Zweite, was dann an diesem Text lockt, ist das Fremde, mindestens Ungewöhnliche. Man hat sich berichten lassen, wie das mit der Glossolalie läuft. Vielleicht ist einer auch einmal bei einer charismatischen Gruppe zu Gast gewesen oder hat im Fernsehen so ein glossolalisches Meeting gesehen. Mich juckt da die Neugier und ich spiele mit dem Gedanken, das doch zu lernen. Wie man hört, braucht es dazu Intelligenz und Emotionen: Zitat – das müsste ich doch schaffen, habe ich mir gesagt. Und mir dann ausgemalt, wie das wäre, etwa hier in diesem unserem Gottesdienst eine kleine Einlage in Zungen zu geben.

 

Weder das Jammern über die eigene Armut, noch so ein bisschen religiöse Neugier und Wunderwitz schließt uns den Text auf, auch wenn das zuerst in den Kopf kommt und das Nachdenken begleitet. Sind wir nicht im Ernst diesem Text gegenüber ganz anders dran? Nicht so, dass wir da unsere Armut zu beklagen hätten und nach neuen, unbekannten Erlebnissen Ausschau halten, sondern so, dass wir erst recht unseren Reichtum bemerkten!

Sicher war da in Korinth eine chaotische Fülle an geistlichem Leben – wenigstens auf den ersten Blick. Aber sehen wir genauer, zu, dann sehen wir da doch vor allem Zweierlei: Die Monotonie der Glossolalie, gegen die sich der Apostel wendet, und der Geltungsdrang religiöser Virtuosen, die sich da vor den Anderen aufspielen, die dabei nicht mithalten können. Paulus muss Kriterien suchen - .Wir haben es da einfacher. Haben vielleicht nicht die Unmittelbarkeit, Frische und Erregtheit geistlichen Lebens, jedenfalls nicht immer. Aber wir haben dafür die Erfahrung, nicht bloß die eigene, sondern eine lange kirchliche Erfahrung. Die will ich jetzt bewusst machen.

 

Einmal – das mag dann unter Glossolalie laufen, weil es uns gerade in unserem Gefühl packt: Wir haben eine gute Gestalt, in der wir unseren Gottesdienst feiern können, in der wir unseren Dank, unsere Eucharistie äußern können. Ein feines Danken – und hat gegenüber dem glossolalischen Dankgebet, von dem Paulus in unserem Kapitel auch redet, doch dies voraus: Man kann es lernen. Gewiss ist diese Gestalt unseres Gottesdienstes für den Unkundigen und Ungläubigen fremd – er wird zwar nicht gerade meinen, wir wären von Sinnen; dazu geht es dann doch zu ordentlich und manchmal auch zu steif zu, wenn wir zusammenkommen. Aber diese Gestalt unseres Gottesdienstes kann sehr wohl eine Zeichenfunktion haben:

Sprache, die anspricht, was nicht von dieser Welt ist, und darum auf Transzendentes verweist. Ich freue mich, dass ich nicht in der Sprachlosigkeit versinken muss, die äußert sich dann oft genug gerade darin, dass einer viel zu viele Worte loslässt – weil ich weiß, wie eine Kollekte geformt sein muss, und ein Fürbittengebet, erst recht das eucharistische Hochgebet der Abendmahlsfeier. Es ist gut, dass wir die Erfahrung haben, wie man Gott anredet – und es tut mir weh, wenn diese Erfahrung vertan wird und in religiöser, frommer Geschwätzigkeit untergeht. Sicher meint mancher, er müsse damit den Unkundigen und Ungläubigen entgegen kommen, möglichst banal reden, damit die es verstehen. Aber vielleicht nimmt er ihnen dann gerade das Zeichen und Zeugnis, das sie nötig haben: So redet man mit Gott, so lautet die Danksagung.

 

Weiter aber, und das wäre dann sicher das Wichtigere, aber auch das Schwerere: wie steht es mit der Weissagung unter uns, mit der Prophetie. Dass da alle weissagen sollten – das hat Paulus sicher etwas spitz und ironisch gesagt, angesichts des Haufens der chaotischen Zungenredner. Aber diese prophetische Rede lässt sich doch auch nicht einfach mit unserer amtlichen Predigt identifizieren, wie wenn man diesen Charisma lernen könnte, und es dann endgültig mit der Ordination versiegelt bekäme. Gewiss, ich wollte gerne, dass wir alle solche Propheten wären, und wollte gerne, dass Sonntag für Sonntag auf allen unseren Kanzeln solche Propheten stünden. Aber vielleicht sind wir schon damit auf dem Holzweg, dass wir diese Art von Prophetie in uns suchen – und dann natürlich drüben und droben, bei dem Geist, der weht, wo er will. Wie wenn diese Prophetie nicht reichlich unter uns wäre – nahe genug. Wie das der 2. Petrusbrief sagt, diese Schrift aus der dritten oder vierten Generation der Christen -  uns darum vielleicht auch besonders nahe und verwandt: „Und wir haben desto fester das prophetische Wort, und ihr tut wohl, dass ihr darauf achtet als auf ein Licht, das da scheint an einem dunklen Ort, bis der Tag anbreche und der Morgenstern aufgehe in eurem Herzen.“ Ich habe es gelernt, auf dieses Wort zu achten, immer mehr. Mit diesem Wort umzugehen, es zu lernen. Noch einmal: Solche Auslegung, des Wortes ist nicht einfach das Charisma der Prophetie. Das mag seine Zeit gehabt haben, und vielleicht auch wieder haben, so wie auch das Wort seine Zeit braucht. Das wissen Sie – und gerade in der Zwischenzeit, in der wir leben, müssen wir oft auf diese Zeit warten. Auch hier und jetzt, wo ich gerne anders und in Vollmacht reden wollte. Aber auch das gehört zu den Gaben des Geistes, dass wir verstehen, wie wir dran sind. Amen

 

Herr, unser Gott,

 

wir bitten dich für die ganze Christenheit, erfülle sie mit den Gaben deines Heiligen Geistes, damit wir in der Einheit des Glaubens dich preisen, damit wir dein Wort vollmächtig predigen, damit wir Werkzeuge deiner Liebe werden.

Wir bitten dich für die Staaten und Völker, lenke sie nach deinem guten Willen, damit der Feindschaft gewehrt und der Friede gewonnen werde, damit das Recht zum Sieg komme gegenüber Gewalt und Unterdrückung, damit wir Menschen als deine Kinder einträglich miteinander leben.

 

Wir bitten dich für alle Arbeit der Menschen, gib ihr das rechte Ziel und lass sie gelingen, damit jeder Mensch bekomme, was er braucht, damit die Ausbeutung und Verschwendung ein Ende finde, damit alle deine Geschöpfe dich mit uns loben. Herr, erhöre uns. Amen