Weingartsgreuth Pfingsten, 22.5.1988

 

98, 1-3 Komm Heiliger Geist

12 Introitus

104, 1-6 O Heiliger Geist

444 Herr du wollst

Zur Austeilung
100 Jauchz Erd

105 Zeuch ein

99,1-4 Nun bitten wir

 

Epistel Apg 2, 1-18

Evangelium Joh 14, 23-27

Predigt: 1 Kor 2, 6-16

 

Liebe Gemeinde!

 

Nehmen wir die großen christlichen Feste im Jahreslauf: Weihnachten, Ostern, Pfingsten: Dann ist sicher Pfingsten das schwierigste Fest. Weihnachten, das ist die Erinnerung, mit der wir umgehen können. Erinnerung an die Geburt Jesu Christi, an das Kind in der Krippe; und doch zugleich auch die Erinnerung an die eigene Kindheit und das was das Fest damals bedeutet hat. Ostern, das ist die Hoffnung, die wir haben, über den Tod hinaus, weil Gott diesen Jesus Christus auferweckt hat. Das wissen wir, und können uns daran halten, wenn uns der Zweifel plagt, wenn uns die Vorboten des eignen Todes bedrängen, die Krankheit, das Alter; erst recht, wenn Menschen von uns genommen werden, ohne die wir uns unser Leben nicht vorstellen konnten und wollten. Geburt und Tod, Kindheit und Alter: Diese Lebensstationen, die jeder von uns durchläuft, die helfen uns, Weihnachten und Ostern zu verstehen, das Fest der Erinnerung und das Fest der Hoffnung.

Pfingsten macht es uns da schwer, und seine Botschaft bleibt uns fremd. Man mag da dann ausweichen in die Natur, den beginnenden Sommer mit seiner Schönheit und Lebendigkeit; wie das Goethe besungen hat: „Pfingsten, das liebliche Fest, war gekommen, es grünten und blühten Feld und Wald; auf Hügeln und Höhn, in Büschen und Hecken übten ein fröhliches Lied die neuermunterten Vögel; jede Wiese sprosste von Blumen in duftenden Gründen, festlich heiter glänzte der Himmel und farbig die Erde.“ Aber dieser Blick in die Natur ist ein Ausweichen vor dem, was dieses Fest als christliche Botschaft zu sagen weiß: Fest der unmittelbaren Erwartung und ihrer Erfüllung, Erwartung des Heiligen Geistes und seine Gabe. Aber gerade das ist es ja wohl, diese unmittelbare Erwartung und ihre Erfüllung, die Gabe des heiligen Geistes, die es uns schwer macht, mehr zu finden an Pfingsten als das Fest des jungen Grüns, das wir in unsere Kirche hereinholen, und singen dazu mit dem 118. Psalm: Schmücket das Fest mit Maien bis an die Hörner des Altars.

Dennoch, oder gerade deswegen darf uns dies Fest als ein christliches Fest nicht verloren gehen. Gerade das gehört dazu zu unserem Christsein, neben der Erinnerung und neben der Hoffnung eben diese unmittelbare Erwartung, und ihre Erfüllung in der Gabe des Heiligen Geistes. Was wir da feiern, ist uns schwer zu fassen. Und der Apostel Paulus, das bemerken wir wohl, hat seine Mühe, zu erklären, wie das ist mit der Gabe des Heiligen Geistes. Ein verborgenes Geheimnis wird da offenbart; und die Herren dieser Welt haben`s nicht begriffen, dass da die Weisheit Gottes den Durchblick gibt, der die Welt und unser Leben verstehen und bestehen lässt. „Uns aber – mich und dich und dich, uns schließt er da zusammen – hat es Gott offenbart durch seinen Geist; denn der Geist erforscht alle Dinge, auch die Tiefen der Gottheit.“ Soll ich reden von diesen Tiefen der Gottheit? Fragweise reden wir von ihm immer wieder. Warum? So heißt eine solche Frage: Ist mir das gerade zugestoßen. Die Krankheit, der Unfall, der Verlust. Was soll das bloß werden? Wohin geht es mit mir, mit uns, mit dieser Welt? So heißt noch eine solche Frage. Darf ich noch etwas erwarten – ich schuldiger, sündiger Mensch – wir, die diese schöne Erde zugrunde richten, und dabei einander nichts gönnen und alles tun, im Kleinen und im Großen, um uns das Leben schwer zumachen. Als Frage, so gesagt oder auch nur gedacht oder in einem tiefen Seufzer herausgelassen, so sind uns diese Tiefen der Gottheit bekannt. Aber da ist ja nun gerade die Antwort, des Geistes Antwort auf die es ankommt.

Einen Hinweis gibt uns der Apostel, wie das ist: Welcher Mensch weiß, was im Menschen ist, als allein der Geist, des Menschen, der in ihm ist? So weiß auch niemand, was in Gott ist, als allein der Geist Gottes. Manchmal frage ich mich freilich, ob ich`s weiß, was da in mir rumort. Ob ich mich kenne und mich da auskenne, und gar zurechtkomme. Geht es mir selbst nicht auch so? Das kennt ihr alle: Da ist es Nacht, und du wachst auf, hörst das Kind weinen, bitterlich, und springst aus dem Bett und läuft hin und nimmst es in den Arm und fragst vielleicht: Was hast du denn? Ich bin doch da. Weiß es, was es hat, das weinende Kind? Du redest ihm zu. Bloß ein Traum war da, und streichelst es, und die Träume versiegen und es kann lächeln, und schluchzt noch einmal auf. Und du redest mit ihm, und denkst es zu, und streichelst noch einmal über die Stirn, und wischt die Träne von der Wange, und es ist wieder gut.

 

So ist das mit der unmittelbaren Erwartung des heiligen Geistes, und mit seiner Gabe, von der da der Apostel redet, und sagt: „Wir aber haben nicht empfangen den Geist der Welt, sondern den Geist aus Gott, dass wir wissen können, was uns von Gott geschenkt ist. Und davon reden wir auch nicht mit Worten, wie sie menschliche Weisheit lehren kann, sondern mit Worten, die der Geist lehrt, und deuten geistliche Dinge für geistliche Menschen.“

Es ist ja nicht ein wortloser Geist, mit dem wir es da zu tun bekommen. Er spricht zu uns in den wohl vertrauten Worten der Bibel, spricht zu uns von Gottes Liebe. Er, Gott, er meint es gut! Mit dir meint er es gut, du schuldiger Mensch! Und darfst das selber sagen, gerade dort, wo du dich mit dir selbst nicht mehr auskennst: „Lobe den Herrn, meine Seele…“ Er meint es gut mit dir, wo du in der Angst bist, wie es weitergehen soll. Er, der Geist, spricht es dir vor, und du darfst es nachsagen: Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.

 

So einfach kann das sein. Aber ihr wisst wohl: Schwach und kraftlos können sie sein, diese Worte. Und die Angst ist riesengroß, und die Verzweiflung will die Kehle abdrücken, und Zorn und Hass, drinnen und draußen, wollen triumphieren. Ihr kennt die Geschichte: Das Schifflein auf dem galiläischen Meer, die Wellen schlagen immer höher, und Jesus schläft. Die Jünger sind voll Angst, und als sei ihn wecken, da bekommen sie es zu hören: Ihr Kleingläubigen, was seid ihr so furchtsam? So ist das, mit uns, mit unserem Glauben, mit der Erwartung, die nicht mehr Gott und seinen Geist kennt, sondern bloß noch die Wellen sieht, das, was Sorge macht, was ängstigt, was erschreckt. Und haben doch Jesu Wort, haben seinen „Sinn“, wie das der Apostel ausdrückt. Etwa dies: Wer ist unter euch ein Vater der seinem Sohn, der ihn um Brot bittet, dafür einen Stein biete? Oder wenn er ihn um einen Fisch bittet, eine Schlange für den Fisch biete? Oder der ihn, wenn er um ein Ei bittet, einen Skorpion dafür biete? Wenn nun ihr, die ihr böse seid, euren Kindern gute Gaben geben könnt, wie viel mehr wird der Vater im Himmel den Heiligen Geist geben denen, die ihn bitten?“

 

Wir haben es schwer mit Pfingsten, der unmittelbaren Erwartung: Denn diesen Geist Gottes, den haben wir nicht. Wir bitten ihn: Komm, heiliger Geist! Zeuch ein zu meinen Toren, sei meines Herzens Gast! Das Wort haben wir wohl, und können es einüben. Und haben Gottes Liebe in Jesus Christus, in dem er uns das versprochen hat: Ich meine es gut mit euch! Damit lässt sich umgehen wie das …gedichtet hat: „In meines Herzens Grunde…“ Und wir dürfen ihn erwarten, den Geist, die Gabe, die wir brauchen: Dort wo wir uns nicht mehr auskennen, und es uns geht wie dem weinenden Kind in der Nacht. Es wird an Gottes Gabe nicht fehlen.

So feiern wir Pfingsten in der Gewissheit des Wortes, das uns gesagt ist. Gott meint es gut mir dir.

Amen.

 

Herr, wir danken dir, dass du uns nahe bist in deinem Wort und in deinem Wohl. Stärke unseren Glauben, dass wir allein dir vertrauen.

Wir bitten dich für deine Christenheit hier und in aller Welt. Gib du deinen Geist zum Wort des Evangeliums, dass wir gewiss sind: Du meinst es gut mit uns. Darauf vertrauen wir. Lass alle Welt deine Wahrheit erkennen und dir gehorchen, wie es recht ist.

Wir bitten dich für die Völker und Staaten. Gib jedem Menschen sein Recht und lass sie alle miteinander in Frieden leben, die deine Geschöpfe und Kinder sind.

Wir bitten dich für alle Menschen: Gib ihnen, was sie für ein menschenwürdigen Leben brauchen, Brot und Arbeit, Heimat und Anerkennung, Trost und Liebe.

Segne du die Ehen. Hilf du Eltern und Kindern, dass sie sich verstehen. Besuche die Einsamen, hilf den Kranken, geleite die Sterbenden, tröste die Trauernden.

Herr, unser Gott, Wir preisen dich für deine Gaben, dein Wort und deinen Geist. Fülle du unsere Herzen mit Vertrauen, mit Freude und Hoffnung, durch unseren Herrn und Bruder Jesus Christus, deinen Sohn der mit dir…

 

Du unser Gott,

der du uns deinen Geist gibst, damit wir deiner Liebe gewiss werden,

fülle unsere Herzen mit deinen Gaben, und lass uns dein kräftiges Wort erleuchten, durch unseren Herrn und Bruder, Jesus Christus, deinen Sohn, der mit dir in der Einheit des Heiligen Geistes lebt und regiert in Ewigkeit.

Amen