1. nach Epiphanias, 1. Kor 1, 26-31   10.1.1988, Prackenfels

 

53, 1.8       Jesus ist kommen                         Mt 3, 13-17

46, 1-5       Herr Christ, der einig                     Röm 12,1-3

25, 1-4       Freuet euch, ihr Christen              1. Kor 1, 26-31

139            Verleih uns Frieden

 

Herr, unser Gott,

der du uns erleuchtest mit deinem Licht, das uns in Jesus Christus erschienen ist,

wir bitten dich,

lass uns deine Freundlichkeit wahrnehmen und uns in dir freuen,

durch unseren Herrn und Bruder Jesus Christus, deinen Sohn, der mit dir und dem heiligen Geiste lebt und regiert in Ewigkeit. Amen

 

Liebe Freunde,

 

zum 13. Mal sind wir im Ritual dieser Tagung beim Gottesdienst am Samstagabend bei der Predigt angelangt, die ich da zu halten habe. Ich habe es gemerkt, als ich den Predigttext dieses Sonntags, der erste nach dem Erscheinungsfest, herausgesucht habe und feststellte, dass ich darüber bei der ersten unserer Tagungen in Himmelkron schon einmal gepredigt habe. Anlass genug, auch danach zu fragen, was diese Arbeit eigentlich bringt: Die Predigt sicher auch, denn manches Mal hat mir die ziemlich Mühe gemacht. Aber auch die Tagungen selbst. Ich will die Frage für mich jetzt so beantworten – eine vorläufige Antwort ist das, der am Schluss dann noch einmal eine solche Antwort folgen soll. Die Herauforderung tut mir gut. Theologie ist eine Aufgabe, des Denkens, und ich hoffe, dass ich solches Denken im Lauf der Zeit immer besser gelernt habe. Und dass ich natürlich auch gelernt habe, solches Denken weiterzugeben. Dass beides, das Denken und das Weitergeben, Mühe macht, das gehört zu diesen Tagungen. Aber die Herausforderung ist die, dass wir dabei nun die Arbeit, der solches Denken dienen möchte, dass wir den Dienst im Amt unserer Kirche mit einbeziehen, ausdrücklich! Das ist die besondere Herausforderung, deretwegen mir bei aller Mühe diese Tagungen wichtig sind. Doch darüber können wir dann bei anderer Gelegenheit heute Abend oder morgen weiterreden.

 

Es gehört freilich auch zu unserem Predigttext, dass wir uns da über das Denken

Gedanken mache. Es gehört ja zu der Eingansgeschichte des ersten Korintherbriefs, in der sich Paulus mit der Weisheit auseinandersetzt, wobei nicht ganz eindeutig zu beantworten ist, ob es sich dabei um jüdische Weisheitstradition oder hellenistische Popularphilosophie oder möglicherweise um eine Mischung aus beiden Größen handelt. Dieser Weisheit der Welt setzt

Paulus das Wort vom Kreuz entgegen. Auch das ist eine Weisheit, freilich Gottes Weisheit, die allein der Geist Gottes zu erkennen gibt, wie es denn im 2. Kapitel ausgeführt wird. Zwischen diesen grundsätzlichen Ausführungen aber verweist Paulus auf die Erfahrung. Einmal indem er auf die Gemeinde hinzeigt: Das ist unser Predigttext. Und dann, indem er auf sich selbst zeigt und an sein äußerlich gar nicht imponierendes Auftreten in Korinth erinnert.

 

Wir sind da nun gar nicht so leicht unterzubringen! Weder bin ich der Apostel Paulus oder sein Nachfolger, noch seid ihr die korinthische Gemeinde. In unserem Nachdenken, der theologischen Reflexion, die mein Beruf ist, und die bei Ihnen mindestens zur Vorbereitung auf den Beruf gehört, da ist unser Platz doch sehr auf der Seite jener Weisheit, mit der sich Paulus hier auseinandersetzt. Das gilt auch dann, wenn wir der modernen Wissenschaft in bestimmten Hinsichten kritisch zu begegnen suchen. Gelingt es uns, von solcher theologischen Weisheit aus – die Schriftgelehrten sieht Paulus ja durchaus auf jener Seite – uns in die paulinische Perspektive einzuordnen? Hieße das nicht, dass wir uns da nun auf den Kopf stellen und diese Welt umgekehrt wahrnehmen müssten?

 

In bestimmter Hinsicht bleibt uns das jedenfalls nicht erspart. Mit den Hinweisen des Paulus auf unsere Erfahrung haben wir es jedenfalls nicht leicht: Wenn der die Erwählten Gottes beschreibt, dann sind das gerade die Leute, die keinen erstrebenswerten und angesehenen Status aufzuweisen haben: töricht, schwach, gering und verachtet. Und das sind wir ja nicht, sondern Leute in angesehenen Positionen oder dabei, uns für solche Positionen zu qualifizieren. Und das wäre nun wirklich töricht, wenn wir da nun solange herumdrehen und manipulieren wollten, bis wir uns eingeredet hätten: eigentlich sind wir das ja doch, töricht vor der Welt, schwach, gering und verachtet. So sind wir nun einmal nicht dran, und sollten es darum bleiben lassen, uns gerade hier unterbringen zu wollen. „Wer sich selbst erniedrigt…“

 

Uns bleibt vielmehr zunächst einmal der Zuspruch: Ihr seid durch Gott in Christus Jesus, der uns gemacht ist, von Gott zur Weisheit und zur Gerechtigkeit und zur Heiligung und zur Erlösung! Das ist nicht ein Status, der uns von uns selbst, oder von den Leuten zugeschrieben wird. Das ist der Status, der uns von Gott selbst zugeschrieben wird: In Christus! Ich will es wieder einmal nur ganz knapp so sagen: In Christus, da lässt sich Leben endgültig vom Tod unterscheiden. Gerade dort, wo Gott und Tod ununterscheidbar werden wollen- und Schuld wie Schicksal könne dem sogar recht geben –eine höchst ehrbare und imposante Lösung der Sinnfrage durch die Weisheit dieser Welt-, da unterscheidet das Wort vom Kreuz Gott und den Tod: Weisheit für uns, Gerechtigkeit, Heiligung und Loskauf.

 

Freilich, das soll dann nicht so allgemein gesagt werden. Paulus weißt auf den miserablen sozialen Status der korinthischen Christen hin, und lässt sie so sub contrario, den heilsamen und erfreulichen Status erfahren, den ihnen Gottes Erwählung in diesem Wort vom Kreuz beilegt. Ich habe schon gesagt: So geht das bei uns nicht; so problematisch wie das empfinden mögen, dass mindestens dieses Argumente des Textes nicht auf uns passt: Wir wollen uns da nicht hineinschleichen. Es ist ja dann auch so gut, dass wir uns hier gegenseitig annehmen können – und haben dort, wo wir das nötig haben (wer hätte es nicht immer wieder einmal nötig), den erfreulichen und heilsamen Status der Schwester und des Bruders. Auch das, als ein Angebot unter anderen, ist doch der Sinn unserer Tagung.

 

Du unser Gott,

wir danken dir für deine gnädige Wahl, die uns in Jesus Christus gewiss ist. Lass uns festhalten am Evangelium.

Hilf deiner Christenheit. Gib ihr Einsicht, Mut und Glauben und lass sie deine Freundlichkeit mit Worten und Taten bezeugen.

Wir bitten dich um Recht und Freiheit für alle Unterdrückten. Erhalte uns den Frieden. Zeig du Wege, wo wir nur Ausweglosigkeit sehen können, in Israel, in Afghanistan.

Gib du den Menschen, was sie brauche, Brot und Arbeit, Heimat und Anerkennung. Sei du mit allen Lebendigen. Wehre der Vergeudung deiner Gaben.

Hilf den Kranken, geleite die Sterbenden, tröste die Trauernden. Lass uns miteinander vor dir leben zu deinem Lob. Amen