1. Kor 2, 1-10,   16.1.1994 Prackenfels

 

46, 1-3       Herr Christ…

Intr. 4

100, 5.6     Komm, Balsam Gottes

48, 3.4       Gewiss sehr tief

139            Verleih uns Frieden

 

Joh 2, 1-2, 1. Kor 2, 1-10

 

Du unser Gott,

wir danken dir, dass du unserem Unvermögen aufhilfst durch deinen guten Geist.

Wir bitten dich für die Christenheit in aller Welt. Gib du ihr Leute, die sagen, was recht ist, und Leute, die es verstehen und tun.

Sei mit unseren Gemeinden und Kirchen und den Frauen und Männern, die hier Verantwortung haben. Steh ihnen bei, dass sie ihre Ämter ohne Überheblichkeit oder falsche Demut ausüben.

Wir bitten dich für Völker und Staaten, für alle, die Gewalt erleiden und die Macht ausüben. Schaffe du Recht, Eintracht und Frieden.

Wehre dem Blutvergießen in Angola und Bosnien und hilf zu einer Friedensordnung, die allen Raum zum Leben lässt.

Gib allen Menschen, was sie brauchen, Brot und Arbeit, Heimat und Anerkennung. Wehre der Ausbeutung von Menschen und all seinen Geschöpfen und erhalte die Fülle des Lebens auf dieser Erde.

Besuche die Einsamen und Kranken, geleite die Sterbenden, tröste die Trauernden.

Du hältst diese Welt in deinen Händen. Lass dein Reich kommen. Amen

 

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Bei der Vorbereitung dieser Tagung habe ich mir irgendwann nach Weihnachten den Text angesehen, der in diesem Jahrgang für den 2. Sonntag nach Epiphanias

vorgeschlagen ist. Auf den ersten Blick fand ich diesen Text auch ganz angemessen und habe mir gesagt, dass ich den schon für diesen Gottesdienst nehmen könne. Kurz darauf habe ich mir die Bibelsprüche unter den Bildern meiner Lehrstuhlvorgänger noch einmal genauer angesehen und merkte auf einmal, dass der Spruch mit dem sich … identifizierte, in diesen Text gehört: „Ich hielt nicht dafür, dass ich unter euch etwas wüsste als allein Christus, den Gekreuzigten:“

So kann ich mich auf keinen Fall mit Paulus zusammen sehen.

Das hat mich zunächst einmal zur Distanz genötigt beim Nachsprechen dessen, was Paulus hier an die Korinther geschrieben hat. Ich jedenfalls könnte so nicht sagen, wie das hier Paulus tut. Ich kann etwas und weiß etwas – anders lässt sich solch eine Aufgabe, wie ich sie gestellt bekomme, doch gewiss nicht bewältigen. Auch die überredenden Worte menschlicher Weisheit gehören da mit dazu; und dabei gilt es dann möglichst besser zu sein als andere. Ich brauche das nicht breit auszuführen, was so ein Theologenleben ausmacht. Sie wissen das ja selbst: Nicht bloß der wissenschaftliche Theologe muss wissen, was er zu sagen hat, und muss das auch in der gehörigen Form ausdrücken können: Jede Pfarrerin, jeder Pfarrer ist doch auch nicht anders dran. Die Torheit der Predigt, …., besteht ja gewiss nicht darin, dass einer dumm daher redet. Sondern da braucht es die Kunst, zu verstehen und zu reden, erst recht. Und wer diese Kunst gelernt hat und sie weiterpflegt und ausbildet, der braucht das nicht zu verstecken.

 

Auf ein schlichtes Entweder-Oder soll und darf die Auslegung nicht hinauslaufen, auch wenn das mindestens auf den ersten Blick bei Paulus so aussieht: Hat weder die überredenden Worte menschlicher Weisheit oder die Erweisung des Geistes und der Kraft. Ich will mich da also nicht in die Alternative hineindrängen lassen – auch und gerade wenn ich mich jetzt am Ende diese gemeinsamen Wegstrecke unserer Wochenendtagungen frage, was uns zusammengeführt und zusammengehalten hat: Die menschliche Weisheit oder der Gekreuzigte Christus und der Geist. Das lässt sich nicht entscheiden – und ich denke auch: Es braucht nicht entschieden zu werden. Jeder und jede kennt das selbst: Natürlich die Frage danach, was es gebracht habe – die Mühe, der Einsatz, die Arbeit, die vielen bedruckten Seiten bei mir noch dazu. Ich kann und will euch, liebe Schwestern und Brüder, nun nicht hernehmen und sagen: Da seht es doch. Wenn Paulus die Korinther als seinen Empfehlungsbrief bezeichnet hat, dann geschah das ja auch in einer starken Gebrochenheit, von der dann bis zur Narrenrede nicht mehr sehr weit gewesen ist.

 

Wir brauchend das alle, und wissen, wie man es macht: Im Unterricht, in der Predigt, in der Seelsorge, im Gemeindeaufbau, so wie ich dann gerade auch über die theologische Reflexion Bescheid wissen muss. Wir können das, und ich denke, wenn wir uns mit anderen vergleichen, dann brauchen wir uns in dieser oder jener Hinsicht nicht zu verstecken. Ich habe meine Theologie gelernt und geübt, seit 46 Jahren nun, und ich kann sie. Aber zu diesem Können gehört ja jener Vorbehalt, den ich jetzt mit dem berühmten Syllogismus Barth`s benennen will: „Wir sollen als Theologen von Gott reden. Wir sind aber Menschen und können als solche nicht von Gott reden. Wir sollen beides, unser Sollen und Nichtkönnen wissen und damit Gott die Ehre geben.“

 

Von meinem, von unserem Können habe ich geredet. Ohne solches Können ließe sich ein Theologenleben nicht führen. Aber, nun gehört zu diesem Leben jenes Nichtkönnen mit dazu, wie es Karl Barth in seiner dialektischen Folgerung vorbringt. Mindestens etwas von dem was Paulus mit der Alternation der überredenden Worte menschlicher Weisheit und dem Beweis des Geistes und der Kraft meint, ist damit sicher eingefangen: Dass all unser theologisches Können konfrontiert ist mit jenem fundamentalen Nichtkönnen, das wir so oder so in den verschiedensten Situationen immer wieder erleben.

 

Freilich ist mit dieser Negation, die darauf aufmerksam macht, wie all unser theologisches Können von einem unüberwindlichen Nichtkönnen begleitet ist, noch nicht alles gesagt, was gesagt werden muss. Paulus weiß ja sehr wohl auch von jenen Können zu reden, in welchen gerade dieses Nichtkönnen aufgehoben ist: wovon wir aber reden, das ist dennoch Weisheit bei den Vollkommenen – wir reden von der Weisheit Gottes, die im Geheimnis verborgen ist. Dass diese Weisheit Gottes im Geheimnis verborgen ist, das bedeutet ja nicht, dass man sie eben deshalb mit einer Arkandisziplin belegen oder als die eigentliche Scholastik gerade nicht zu Markte tragen dürfte. „Sündlich groß“ - … nennt der 1. Timotheusbrief (3,16) dieses Geheimnis, das unerkannt ist und bleibt, und das doch offenkundig ist. Unerkannt ist es und bleibt es bei den Herrschern dieser Welt, damals wie heute. Und ist doch offenkundig in seiner Wirksamkeit: Da ist doch auch unsere Kirche. Sie macht uns in unseren Leben mit ihrer taktischen Gestalt beschwerlich …Leute in dieser Kirche…

Und wir selbst, mit unserer Theologie, mit unserem Können, der theologischen Argumentation und Kritik, machen wieder anderen Leuten in dieser Kirche Beschwerden.

Aber sie ist da, diese Kirche, die Menschen mit ihrem Christusbekenntnis. Dabei freilich soll und muss es bleiben: Das diese Kirche auf ihren, unserem Christusbekenntnis besteht und sich nicht einfangen lässt vom Spiel der Mächte, von den Archonten dieser Welt: „Damit euer Glaube nicht stehe auf Menschenweisheit, sondern auf dem Beweis Geistes und der Kraft.“ Johann Albrecht Bengel meint dazu, Skeptikern und Spöttern solle man nicht mit einer natürlichen Theologie begegnen; das meine der Apostel, wenn er allein Jesus Chrisus, den Gekreuzigten, wissen wolle. Vielleicht ist es gerade das, was in dieser Dialektik von Können und Nichtkönnen und doch – ich sage jetzt einmal so, um auf den Geist Gottes zu verweisen – von Zeit zu Zeit Können sich durchhält: Die Weisheit Gottes, ein Geheimnis verborgen und doch offenbar. Amen

 

 

 

Du unser Gott,

 

der du uns das Geheimnis deiner Nähe erschlossen hast in Jesus Christus,

wir bitten dich,

gib uns deinen heiligen Geist, dass wir es lernen, deine Weisheit auszusprechen durch unseren Herrn und Bruder Jesus Christus, deinen Sohn, der mit dir und dem heiligen Geist lebt und regiert in Ewigkeit.