Septuagesimae,
26.1.1964 Wolfenhausen, Nellingsheim
337, 1-5 Du höchstes Licht (8)
242, 1-4 Es ist das Heil (71)
244, 1.2 Ich ruf zu dir (120)
244,5
Matth 20, 1-16
Gal 2, 15-21
Herr Gott, himmlischer
Vater!
Wir danken dir dafür, dass
du Jesus Christus gelten lässt für uns. Er hat recht gemacht, was wir immer
wieder verfehlen. Darum stärke unseren Glauben an ihn, dass wir es lernen, ihm
zu vertrauen und unsere Ehre allein in seiner Ehre zu suchen.
Wir bitten dich Herr: Brich
du dem Wort von Jesus Christus die Bahn in unser aller Herzen. Stärke du die
Zweifelnden. Überwinde die Widerstrebenden. Schließ uns alle zusammen zu der
Gemeinde deines Sohnes.
Liebe Gemeinde!
Ich wenigstens - so schreibt
der Apostel Paulus - ich werfe nicht weg die Gnade Gottes. Wir auch nicht - so
sind wir versucht, zu sagen. Wissen wir, was wir damit sagen? Dann ist es gut.
Dann sagen wir: Ich bins zufrieden, dass Jesus Chrisus gilt – dass Gott den,
diesen einen, gelten ließ, das, was der gewesen ist, das, was der getan hat.
Ich bins zufrieden, ich will nicht mehr, ich brauche nicht mehr, als diesen
einen, der ein rechter Mensch gewesen ist – sonst nichts.
Aber freilich: So einfach
das jetzt hingesagt ist, so schwer ist das begriffen - begriffen mit dem
Verstand, begriffen mit dem Herzen, begriffen mit dem Tun.
Denn wir alle brauchen ja
doch unsere Anerkennung. Ohne diese Anerkennung können wir nicht leben und
wollen wir nicht leben. Das ist das Selbstverständlichste von der Welt. Jeder
will es doch recht machen. Ich will ein rechter Pfarrer sein – schlimm wäre es,
wenn ich das nicht wollte. Und ist es nicht ganz natürlich, dass ich das dann
auch hören will, dass ich dann auch dafür angesehen werden will. Weh tut das,
wenn ein solcher guter Wille keinerlei Anerkennung findet, wenn ich nichts
davon sehe, dass mein Tun einen Wert hat. Und es mag das ein jeder dann für
sich selber übertragen. Wir brauchen unsere Anerkennung, jeder. Das fängt an
bei der Arbeit, die wir tun – da soll etwas herauskommen. Sie soll gelten, sie
soll ihren rechten Lohn haben. Wir brauchen die Anerkennung durch unsere
Mitmenschen. Meine Frau soll es mir zeigen, dass sie sich freut, dass sie einen
rechten Mann hat. Und meine Kinder sollen ihren Vater schätzen, sie sollen
stolz auf ihn sein, sollen sein Vorbild achten, sollen ihm gehorchen. So geht
das weiter - wir wollen Freunde haben, die sich um uns bemühen, wir wollen
Nachbarn haben, die sich auf uns verlassen - alles die natürlichste, die
selbstverständlichste Sache von der Welt. Damit sind wir groß geworden, das hat
man uns von klein auf beigebracht. In der Schule sollten wir uns bemühen, dass
wir etwas zustande brachten - um Anerkennung zu finden, um ein Zeugnis zu
bekommen, das man nicht verstecken muss, sondern das man jedermann zeigen kann.
Und wie es da begonnen hat, so geht es weiter, unser Leben lang - du musst
etwas leisten, damit du Anerkennung findest. Und das sieht kann heute
beispielsweise auch so aus: Du musst dir etwas leisten, damit du etwas giltst.
Hast du was - so bist du was: Mit diesem Sprüchlein beispielsweise wollen die
Sparkassen zum Kauf von Pfandbriefen anreizen. Jawohl: So haben wirs von klein
auf gelernt, so sind wir es gewohnt, das ist die natürlichste Sache von der
Welt.
Aber achten wir wohl darauf:
So einfach und selbstverständlich ist das dann doch wieder nicht, dass wir uns
dem einfach überlassen dürften: Ich brauche Anerkennung, und also bemühe ich
mich um eine solche Anerkennung. Und vielleicht, wo mir das nicht so recht
glücken will, ziehe ich mich auf mich selber zurück: Mögen die anderen doch
über mich denken, was sie wollen, mögen sie reden, was sie wollen: Ich weiß
doch, was ich wert bin, und diesen Wert, den nimmt mir niemand.
So einfach und
selbstverständlich ist das nicht, dass wir uns eben um solche Anerkennung bemühen,
weil wir sie nun einmal brauchen. Denn achten wir wohl darauf was Paulus da
sagt: ich werfe nicht weg die Gnade Gottes; denn wenn durch das Gesetz die
Gerechtigkeit kommt, dann ist Christus umsonst gestorben. Ich könnte das jetzt
so auslegen, dass Paulus hier sagt: Ich bins zufrieden, dass es diesen einen
gibt, der wirklich Anerkennung verdient, Christus - der allein. Denn wenn wir
so rechte Leute wären, welche selber diese Anerkennung finden - dann hätte er,
Christus, ja nicht sterben brauchen. Das meint er, wenn er vom Glauben an Jesus
Christus redet, und davon, dass wir durch diesen Glauben gerechtfertigt werden,
dass es dabei bleibt:
Er, Christus, er verdient
die Anerkennung, er allein, und nur weil er das tut, können wir sagen: Auch
mein Leben ist nicht umsonst gelebt, weil ich zu ihm gehöre. Und wie es sonst
ist: Wenn einer einen Freund hat, einen starken, gescheiten, einflussreichen,
berühmten Mann - dann fällt von dessen Glanz auch etwas auf ihn selbst - so ist
es hier erst recht: Weil er, Christus, die Anerkennung verdient, er allein,
darum brauchen wir uns nicht zu sorgen um solche Anerkennung, die wir zu ihm
gehören!
Freilich: Da kommen nun erst
recht unsere Fragen. Wir sagen: Da geht’s es doch um die Anerkennung bei Gott.
Wir sagen das zu recht - wirklich, da geht`s um Gott und darum, wie unser Leben
bei dem Anerkennung findet. Wir sagen: Da, wo es um unsere Anerkennung bei Gott
geht - gut, da wollen wir uns nicht auf uns selber und auf das, was wir können,
auf das, was wir leisten, verlassen. Da ist es schon gut, wenn wir auf Christus
vertrauen und auf sein Leben und Sterben. Aber, so es um unsere Anerkennung bei
den Menschen geht, da müssen wir uns schon selber Mühe geben, da müssen wir
schon selber etwas tun.
Ganz richtig - wenigstens im
Grundsätzlichen, im Theoretischen - da lässt sich nicht einmal viel gegen eine
derartige säuberliche Trennung einwenden. Aber stimmt es denn wirklich, wenn
wir die beiden so auseinanderlegen wollen, die Anerkennung bei Gott und die
Anerkennung bei den Menschen?
Seht: Paulus hat da im Brief
an die Galater von einer Auseinandersetzung berichtet, welche er mit Petrus
hatte. Da ging`s auch um die Anerkennung. Paulus sagt - und das sicher nicht
ohne Stolz: „Wir sind von Natur Juden, und nicht Sünder aus den Heiden“ - und
die Juden haben Wert darauf gelegt, untereinander als fromme Leute anerkannt zu
werden. Aber da ist es dem Petrus nun passiert, dass er über der Anerkennung
durch diese anderen Juden, denen er durch seine genaue Einhaltung der jüdischen
religiösen Vorschriften imponieren wollte - Christus verraten hat. So, als ob
es nicht auf den allein ankäme, sondern auch ein wenig noch darauf, sich streng
an die Ordnung und die Sitte zu halten.
Seht - so kann uns das gar
zu leicht passieren - dass wir unser Gesetz Gott vorhalten und auf einmal so
tun, als ob es darauf nun doch ankäme. Beispielsweise unseren Fleiß, die Mühe
und Arbeit unseres Lebens, die Plage, die wir durchgemacht haben. Vielleicht
halten’s wir Gott nicht einmal vor - es genügt uns selbst. Merken wir - wo es
hinausläuft? Werke des Gesetzes -so sagt Paulus.
Aber werden wir dann dies
Gesetz los, solange wir leben auf dieser Welt? Ich brauche Anerkennung, so habe
ich gesagt. Mit Recht - wie ihr mir bestätigen werdet, jeder von sich selber.
Was sollen wir denn machen - ? Seht: Wir sollen’s uns nicht schwer machen,
sondern Christus gelten lassen. Das meint Paulus. Da hast du`s doch: Da ist der
rechte Mensch. Das heißt nicht, dass wir uns im Vertrauen darauf, dass er es
recht gemacht hat, nun gehen lassen. Aber es heißt, dass wir uns selber los
geworden sind, wo wir ihn ergreifen.
Ich sagte: Unser Verlangen
nach Anerkennung werden wir nicht los, so lange wir leben. Richtig - aber was
meint Paulus dazu: „Ich bin mit Christus gekreuzigt. Ich lebe; doch nun nicht
ich, sondern Christus lebt in mir.“ Das hieße: Glauben - wenn wir ihn leben
lassen, in uns, darum für ihn leben - ihm Ehre machen, weil er unsere Ehre ist.
Amen