Palmsonntag, 16.4.2000      Stübach/Baudenbach

 

452,1-5      Er weckt mich

Ps 71         766

87,1-3        Du großer

87,5+6

351,1-5      Ist Gott für mich so trete

75,1           Ehre sei dir Christe

 

Du, unser Gott,

lässt uns nicht allein. Du redest mit uns durch deine Erwählten. Gib, dass wir auf dich hören und gerne die Wege gehen, die du uns führst, durch unseren Herrn und Bruder Jesus Christus, deinen Sohn, der mit dir und dem Hlg. Geist lebt und regiert in Ewigkeit. Amen.

 

Wir sind zusammen gekommen, um miteinander Gottesdienst zu feiern. Vor Gott, der uns besser kennt als wir selbst, erkennen wir, dass wir aneinander und an ihm schuldig geworden sind durch vieles, das wir getan haben oder das wir nicht getan haben; darum bitten wir: Gott, sei mir Sünder gnädig.

 

Du unser Gott machst uns gewiss,

dass gut ist und gut wird, was du bestimmst. Denn in Jesus Christus haben wir dein Wort und den Weg zu dir.

Wir bitten dich für deine Gemeinde an diesem Ort und in aller Welt: Erwecke dir Menschen, die zur rechten Zeit das Wort sagen können, das tröstet und Vertrauen schafft.

Wir bitten dich für die Völker und Staaten, für alle, die Gewalt erleiden und alle, die Macht ausüben. Lass das Recht gewinnen und gib du Frieden bei denen, die verfeindet sind.

Gib allen Menschen, was sie brauchen, Brot und Arbeit, Heimat und Anerkennung. Hilf den Hungernden in Äthiopien und allen, die sich nicht selbst helfen können.

Besuche die Einsamen und Kranken, geleite die Sterbenden, tröste die Trauernden.

Lass uns fest halten an Jesus, unserem Heiland, der um unsertwillen in den Tod ging, den du auferweckt und zum Herrn gemacht hast. Amen.

 

Jes 50,4-9

 

Liebe Gemeinde,

es ist gut, wenn die Worte gesprochen werden, auf die wir sehnlich gewartet haben. Das hat jeder schon so oder so erlebt. Dass der Kranke, an dessen Bett wir gewacht haben, die Augen aufschlägt, mich erkennt, meinen Namen sagt: Gut ist das. Dass einer, mit dem ich im Streit auseinander gegangen bin – nie mehr ein Wort mit diesem sturen und bösartigen Menschen, so habe ich mir’s vorgenommen – und dann redet er mich an und es geht wieder: Gut ist das. Oder, ganz anders: Ich erinnere mich noch wohl daran, wie der hoch verehrte Professor mich, den 19-jährigen Studenten, wahrgenommen und angeredet hat: Gut hat mir das getan. Jeder hat das erlebt: Gut ist es, wenn die Worte kommen, die wir nötig haben, auf die wir gewartet haben, die wir ersehnt haben.

Gott weiß das. Darum hat er sich seine Leute auserwählt, Sprecher, Sprecherinnen, durch die er zu uns redet. Gewiss, wenn ich da nun einen Namen sagen müsste, dann ganz gewiss und vor allen anderen Namen den Namen Jesus. Aber vielleicht ist es gar nicht uneben, wenn wir die Namen erst einmal weglassen und bloß und zu allererst auf das hören, was da einer von sich sagt, Jünger, Schüler des Propheten Jesaja, in dessen Buch seine Worte uns überliefert sind. Eine Zunge hat er, wie sie Jünger haben. Er versteht es, zu reden, wie ihm das Gott selbst gibt, er weiß mit den Müden zur rechten Zeit zu reden. Solche Leute brauchen wir, solche Frauen, solche Männer, die zur rechten Zeit das rechte Wort haben. Das rechte Wort für die, die es brauchen, die Müden, wie es hier heißt. Die also, die nicht zurecht kommen mit dem, was ihnen widerfährt. Da kommen Dinge auf einen zu, die unerträglich sind. Soll ich aufzählen? Jeder weiß doch, was ihn plagt. Und manchmal sind das gar nicht die großen Schicksalsschläge, Unfall, Krankheit, der Tod eines Angehörigen. Sondern da läuft jeder Tag ab wie der vergangene, heute wie gestern, und morgen wird es auch nicht anders sein. Du wirst gerade so eben fertig, mit dem, was getan werden muss. Aber ein Ende scheint das nicht zu finden. Das macht müde. Ich kann davon jetzt nur sehr allgemein reden. Aber das muss hier gerade gesagt werden: Es ist Gott, der diesen Sprecherinnen und Sprechern, die sein gutes und notwendiges Wort sagen, das Ohr öffnet, jeden Morgen neu. Und das Wort, das sie zu sagen haben, ist das tröstliche Wort: Ihr Müden, was euch widerfährt, das ist eurem Gott nicht fremd. Er wägt deine Last und legt dir nicht mehr auf, als du tragen kannst, du müde Frau, du müder Mann – vielleicht sogar: du müdes Kind. Darum ist es gut und wird es gut. Das sind die Worte, wie sie ein solcher Sprecher, eine solche Sprecherin, zu sagen hat. Wir brauchen das – jederzeit und erst recht, wenn wir müde sind, wenn uns zuviel wird, was wir durch zustehen haben, wenn wir alles weg werfen wollten und wissen doch, dass das nicht geht. An den Stoßseufzer des Paulus erinnere ich mich da: Ich habe Lust, abzuscheiden und bei Christus zu sein, was auch viel besser wäre ... (Phil 1,23). Da braucht es diese Worte: Es ist gut – es wird gut. Denn Gott misst dir zu, was du zu tragen hast. Ich sagte: Es tut gut, so ein Wort, das uns müde Leute zur rechten Zeit tröstet.

Aber wie passt ein solches Wort in unsere Welt? Da muss ich nun recht persönlich reden. Ich habe mich als Pfarrer, als Professor, immer wieder bemüht, solch ein rechtes Wort zur rechten Zeit zu sagen. Gott sei Dank, dass es mir selbst auch immer wieder gesagt worden ist. Aber kann ich mir die Gewissheit so einfach zu eigen machen, die der Jünger, dieser Sprecher Gottes, in seinen Worten vertritt? Der kann sagen: „Alle Morgen weckt er mir das Ohr, dass ich höre, wie Jünger hören. Gott der Herr hat mir das Ohr geöffnet. Ich bin nicht ungehorsam und weiche nicht zurück.“ Sicher, ich kann mir das selbst vorsagen und vorsingen mit dem Lied von Jochen Klepper, das wir zum Eingang gesungen haben: „Er weckt mich alle Morgen ...“ Aber ist es damit schon gut? Wenn ich so frage, danach frage, wie ich eigentlich dabei bleiben kann, bei dem, was ich gesagt und vertreten habe, bei diesem: Es ist gut so – es wird gut so, dann sehe ich wohl: Allein geht das nicht. Sicher, es gibt diese und jene Schwierigkeit, die sich durchstehen lässt. Wenn du dumm angeredet wirst, als Pfarrersbub in der HJ oder als junger Pfarrer in der SPD, an dem ein paar alte Genossen ihre Affekte gegen die Kirche und die Schwarzen auslassen. Aber das ist es nicht. Vor mir selbst weiche ich zurück: Ich habe schon einmal Luther angeführt, nach dem die Versuchung der alten Leute vom Teufel kommt, die Versuchung des Zweifels, die Versuchung der Skepsis, des Unglaubens: Ein fauler Trost ist das, was du da gesagt hast, dieses, dass es gut ist und dass es gut wird. Nichts ist gut und erst recht: Nichts wird gut. Dir und anderen machst du da doch nur etwas vor.

Gewalt, wie hier diesem Prophetenjünger, diesem Gottesknecht da, begegnet ist, vor der bin ich bisher bewahrt geblieben und so wird das wohl auch weiter sein. Aber der Zweifel in mir, der will mir das Hören verbieten, das Vertrauen. „Anderen hat er gut zugeredet, aber sich selbst kann er nichts sagen. Gott hat er vertraut, der helfe ihm nun, hat er Lust zu ihm“ – in Abwandlung der Worte, mit denen sie den Gekreuzigten verspottet haben, kann ich mir das selbst vorhalten. Allein, allein könnte ich damit gewiss nicht fertig werden. Aber ich weiß, dass Andere nach mir und auf mich schauen. Nicht bloß einem alten Pfarrer und Professor geht es so. Allein können wir nicht dabei bleiben, bei diesem Wort, das wir gehört haben und das uns doch allen aufgetragen ist: Mit den Müden zur rechten Zeit zu reden: Es ist gut so, es wird gut so. Aber wir sind doch nicht allein. Ich kann, ich will, ich darf die nicht irre machen und enttäuschen, die mit mir gehört haben und sich mit mir und vielleicht sogar einmal von mir trösten ließen: Es ist gut und es wird gut.

Wenn er hier sagt, dieser Sprecher, dass ihm Gott nahe ist, dass er ihm hilft, dass er ihn gerecht spricht: Zu solcher Nähe gehört ganz sicher die Nähe von Menschen, die hören und reden, wie ich höre und rede. Die zweifeln und glauben, wie ich zweifle und glaube. Die sich solche Worte zu eigen machen, wie sie Jochen Klepper in seinem Lied gedichtet hat: Gott der Herr hat mir das Ohr geöffnet. Und ich bin nicht ungehorsam und weiche nicht zurück. Es hilft, sich solcher Nähe zu vergewissern, miteinander.

Doch muss ich da nun doch auf das zurück kommen, was ich ganz am Anfang meiner Predigt genannt, aber dann doch zunächst nicht weiter verfolgt habe: Wenn wir diese Worte des Propheten Jesaja hören und lesen  und fragen dann: Wer ist das, der so redet: Der Name Jesus muss da genannt werden. Und so sehr es mir hilft, wenn ich mich im Hören und im Reden, im Zweifel und im Glauben mit vielen Menschen verbunden weiß: Soll ich sagen, wer das ist, dann muss ich zuerst und vor allem den Namen Jesu nenne. Er ist Gottes Sprecher, er ist der Gehorsame, er ist der, der mich gewiss machen kann: Es ist gut und es wird gut. Dazu kann ich stehen. Und wenn die Müdigkeit kommen will, dann stelle ich mir ihn in seinem Gebet vor Augen – Vater, ist’s möglich, so gehe dieser Kelch an mir vorüber; aber nicht wie ich will, sondern wie du willst.

Es ist gut, das Gott nicht stumm bleibt, dass wir nicht allein gelassen sind in dem, was uns müde macht, dass es begleitet ist durch dieses Wort: Es ist gut und es wird gut. Mit dem Namen Jesu und mit seiner Geschichte gehört dieses Wort zusammen. Darum hat es recht und wird recht behalten. Amen.