Himmelfahrt, 20.5.1982 Martin-Luther-Kirche Büchenbach


Intr. 11

91, 1.2 Auf diesen Tag

90 Christ fuhr gen Himmel Apg 1,1-11

96, 1-5 Jesus Christus herrscht als König Mk 16, 14-20


Offbg 1, 4-8

Herr Gott, himmlischer Vater,

der du unseren Herrn und Heiland Jesus Christus zu deiner Rechten erhöht hast, und hast ihn zum Richter gesetzt über uns und alle Welt, wir bitten dich, gib uns die gute Zeit, dass wir auf dich hören und deinem Evangelium vertrauen und darin die Gerechtigkeit empfangen, die vor dir gilt, durch unseren Herrn Jesus Christus.


Liebe Gemeinde!

Das ist zweimal die gleiche Formel – der Kanzelgruß, den wir gebrauchen, und der erste Teil unseres Textes, den ich heute am Himmelfahrtsfest auszulegen habe. Doch was sonst, in Anlehnung an den geläufigen Eingangsgruß der Paulusbriefe so heißt: Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und unserem Herrn Jesus Christus – das ist hier breit ausgeführt, damit wir lernen, was dieser Gott ist. Und uns der Gnade und des Friedens vergewissern können in Jesus Christus. Aber diese Gewissheit nötigt uns dann auch zu einer Folgerung, die ich im 3. Abschnitt dieser Predigt andeuten möchte.

1.Wer ist dieser Gott, dessen Gnade und Frieden den sieben Gemeinden und also auch uns zugesprochen wird?

Dieser Gott füllt die Zeiten. So wird er hier angesprochen, zuerst in der Grußformel: Der da ist und der da war und der da kommt. Und dann noch einmal in der feierlichen Proklamation, die unseren Text abschließt. Ich bin das A und das O, der Anfang und das Ende, spricht Gott der Herr, der da ist und der da war und der da kommt, der Allmächtige. Er ist nicht nur der Zeuge über alle Zeit. Er füllt diese Zeit, umfasst diese Zeit: A und O – Anfang und Ende, Alpha und Omega - die Zeit, wie sie damals nicht bloß bei den Christen den Anfang und das Ende des griechischen Alphabets gedeutet haben.

Nun fangen wir mit dieser großartigen und eindrücklichen Gleichsetzung von Gott und Zeit wohl noch nicht viel an – jedenfalls so lange nicht, wie uns Zeit ein bloßes Wort bleibt. Aber denken wir einmal daran, was das heißt: Ich will es jetzt einmal anders konjugieren als in unserem Text: Zeit ist das, was ist, und was war, und was kommt.

Was ist: vielleicht Glück, Freude – wie sie uns entgegenkommt in dem frischen Grün, den blühenden Bäumen, dem Gesang der Vögel. Aber vielleicht auch Trauer, Schmerz – oder einfach das alltägliche Hetzen, von einer Pflicht zur anderen, Aufgaben, denen man gerade noch nachkommt. Was ist: Menschen, denen wir gerne begegnen, und andere, denen wir nach Möglichkeit aus dem Weg gehen – Friede und Krieg, Hunger und Sättigung, Liebe und Hass: Ich könnte lange weiter machen in der Aufzählung dessen, was ist.

Was war: vieles, an das wir uns gerne erinnern, weil es schön und gut gewesen ist. Manches , von dem wir froh sind, dass es vorbei ist, dass wir es überstanden und hinter uns gebracht haben. Einiges, das wir vergessen und verdrängen, weil es nicht gut war, weil wir Angst haben, dass es uns doch noch einholt, Schuld, die wir auf uns geladen haben. Dankbarkeit ist da, und Erleichterung, aber auch Angst dem gegenüber, was war.

Was kommt: Wir blicken dem entgegen in Hoffnung. Hoffentlich wird dieser unselige Falklandkonflikt bald beigelegt. Hoffentlich kommt die erwartete gute Nachricht. Hoffentlich gelingt es uns, mit unseren wirtschaftlichen Problemen so fertig zu werden, dass ein gutes Leben au dieser Erde möglich bleibt. Aber zugleich ist da Sorge, und Angst, und die kann hart und bedrängend werden, dass einer meint: Wenn es nur vorbei wäre!

Was ist –was war - was kommt: Die Zeit, die uns umgibt, in der wir leben, die bestimmt uns, mit Glück und Trauer, mit Dankbarkeit und Erleichterung, aber auch mit Angst, mit Hoffnung und mit Sorge. Und nun setzt der Seher Johannes dem seinen Zuspruch entgegen: Gnade sei mit euch und Friede von dem, der da ist, und der da war, und der da kommt. Was ist und war und kommt, ist nur vordergründig dies, was ich aufzählte, was uns Glück bringt und Trauer, worauf wir dankbar und erleichtert oder voll Angst zurückblicken, was wir hoffend, aber auch besorgt und voll Erschrecken erwarten. Es ist in Wahrheit dieser Gott, der so heißt: „Der ist – der war – der kommt.“ Und weil die Zeit so seine Zeit ist, darum ist so voll Güte und Heil, voll Gnade und Friede. So erklärt uns der Seher Johannes, wer der Gott ist, von dem er uns Gnade und Frieden zuspricht.

2. Was ich eben etwas ausgeführt habe, das ist schwer zu verstehen und noch schwerer ist es zu glauben. Daum braucht es die Vergewisserung; darum redet der Seher nicht bloß von diesem Gott, der unsere Zeit und alle Zeit ist und erfüllt. Darum redet es erst recht von Jesus Christus: Von seiner Würde und von seinem Tun – in vollen Worten. Dreifach wird die Würde angesprochen: Der treue Zeuge – der Erstgeborenen von den Toten – der Fürst über alle Könige auf Erden. Und dreifach wird sein Tun angesprochen: Der uns geliebt hat, der uns erlöst hat von unseren Sünden mit seinem Blut, der uns zu Königen und Priestern gemacht hat vor Gott, seinem Vater. Ich käme nicht zu Ende an diesem Himmelfahrtstag, wollte ich das nun Stück für Stück auslegen und ausmalen. Ich will darum nur eines dazu sagen zu dieser Vergewisserung, die uns da gewährt wird, durch diesen Herrn Jesus Christus: Dazu erinnere ich noch einmal an das, was ich schon gesagt habe: Dass Gott selbst mit seiner Gnade und seinem Frieden, seiner Zuwendung und seinem Heil unsere Zeit erfüllt, das ist schwer zu verstehen und noch schwerer zu glauben. Wenn ich so darüber nachdenke, dann komme ich gewiss nicht mit bei dem, was da gesagt ist, und was ich nun auslegen und weitersagen und bezeugen soll. Das geht auch nicht. Das kann einer gar nicht in Bausch und Bogen alles auf einmal verstehen – und erst recht kann er das nicht im Glauben durchstehen. Aber da tritt nun dieser ein – der Zeuge. Und ich kann an ihn anfangen und durch buchstabieren, wie das ist: Gnade und Friede von ihn, dem Erstgeborenen von den Toten. Ich kann durch buchstabieren, an ihn und mit ihn: Wie das geht wenn die Zeit da ist, die böse Zeit, vor der mir Angst war: Und nun ist sie durchzustehen. Da kann ich den Vater anrufen, und komme weiter. Auch, wie das geht, wenn die gute Zeit da ist: Da kann ich danken und preisen.

Ja, wir wollten gerne alles Gute und alles Glück auf einem Haufen haben, und die Einsicht, das Verstehen und den Glauben dazu. Wir wollten alle Zeit zusammen und in einem Nu überschauen und begreifen und erleben und genießen. Das ist nicht unsere Sache. Aber wir können uns dessen vergewissern, dass der A und O, Alpha und Omega, die Zeit dieses unser Vater ist, zu dem uns Jesus Christus den Zugang eröffnet hat. Wenn wir es brauchen, nötig haben, von Zeit zu Zeit: Da verstehen wir ein Stück davon, und stehen solche Zeit durch im Glauben, und wundern uns vielleicht nachher, dass das so ging, dass es überhaupt ging, und dass es gut geworden ist: Blicken wir auf Jesus Christus, dann können wir das ein wenig studieren.

3. Damit bin ich dann aber bei der Konsequenz, die dazugehört, von der ich noch wenigstens andeutungsweise reden will: Was da gesagt ist, das will herauskommen, und es wird herauskommen. Darauf weist der Vers, den ich nun noch zu nennen habe: Siehe, er kommt mit den Wolken, weshalb wir diesen Text ja auch an Himmelfahrt predigen: Das ist nun eine klare und trotzdem merkwürdigen Zukunftsperspektive. Da wird eine späte Einsicht genannt: Alle, die ihn durchbohrt haben, werden ihn sehen, wenn er kommt. Und alle Geschlechter auf Erden werden um ihn wehklagen. Das ist sein Gericht, in dem er das Verfehlte zurecht bringt. Sie kennen das: Wie konnte ich bloß so denken, so reden, so handeln! Das kann schlimm sein. So kann uns einholen, was gewesen ist. Freilich: wenn er, dieser, der uns liebt, so einholt, dann ist das eine gute Aussicht! Jetzt, wo wir ihn nicht sehen, ist die Zeit, die wir Schritt für Schritt durchgehen: Gnade, Zusendung, Heil dann, wenn wir`s brauchen. Dann kommt mit ihm die Zeit, das Ganze, Gott, zu erkennen. Amen


Herr unser Gott,

wir bitten dich: Lass dein Evangelium laufen, dass alle, die in Angst, Trauer und Sorge sind, es hören und getröstet werden. Gib dazu deiner Kirche Prediger, die dein Wort recht verstehen und deine Gnade und deinen Frieden denen zusprechen, die es nötig haben. Lass uns miteinander deine Freundlichkeit bezeugen.

Gib Frieden unter den Völkern. Gib den Zerstrittenen die Weisheit, aus der Konfrontation herauszukommen und aufeinander zuzugehen. Schütze du die Unterdrückten und gib den Rechtlosen ihr Recht gegen die Ungerechten Gewalthaber.

Hilf du denen, die in Not sind, den Kranken, den Schwachen. Gib uns allen den guten Willen, Recht und Gemeinschaft zu schützen. Hilf du, dass wir mit allen deinen Geschöpfen vor dir leben und dir danken. Amen