1.Sonntag nach Epiphanias, Prackenfels, 8.1.1983


Jesaja 42,1-4 46,1-5

Math.3, 13-14 Intr.4

Joh.1,29-34 48,1-3

133,1-5

25,1-4

139


Herr, du Gott des Lebens,


der du in deinem Wort uns erschienen bist, damit wir erleuchtet würden durch Jesus Christus,

wir bitten dich,

lass uns in seinem Lichte dich wahrnehmen, damit wir als deine Kinder bei dir bleiben, durch unseren Herrn Jesus Christus, deinen Sohn…


Liebe Gemeinde,


dass diese Welt eine kaputte Welt ist, das wussten sie damals so gut, wie wir heute. Und dass man dagegen etwas tun muss, war ihnen genauso klar. Nur haben sie anderes getan, als wir heute, weil sie die Welt anders gesehen haben. Sie haben geschlachtet, geopfert, Stiere, Böcke, Lämmer, und der Priestersohn Johannes wusste darüber sicher noch sehr viel genauer Bescheid als der Durchschnittsisraelit.

Wenn wir uns heute mit diesem Abschnitt aus dem Johannesevangelium befassen, tun wir deshalb gut daran, nicht zu sehr dieses Selbstverständliche zu traktieren, die kaputte Welt, ihre und unsere Sünde. Sondern wir sollten uns von Johannes belehren lassen, auf was es ankommt: „Siehe, das ist Gottes Lamm, welches der Welt Sünde trägt! Dieser ist`s“.

Nicht das Prädikat ist entscheidend, sondern dieses Subjekt. Das ist durchgängig so im Johannesevangelium, gerade dort, wo es um das entscheidende Zeugnis für Jesus geht, hier das Zeugnis des Johannes, dann das Zeugnis des Evangelisten, das er als Selbstzeugnis Jesu stilisiert hat. Die Prädikate wechseln, das Subjekt ist entscheidend „Ich bin das Brot des Lebens, ich bin der gute Hirte, ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben, ich bin das Licht der Welt.“ Die Prädikate wechseln, und sie haben ja auch nur diese Funktion, auf die Bedeutung des Subjektes hinzuweisen, wie Johannes das tut, wo er sagt: „Siehe, das ist Gottes Lamm, welcher der Welt Sünde trägt! Dieser ist`s.“

Dass unsere Welt eine kaputte Welt ist, und dass man etwas tun muss, um diese Welt wenigstens notdürftig zu erhalten, damit wir Menschen weiter in ihr leben können, das wussten sie damals wie heute. Nur, dass wir heute nicht mehr Lämmer schlachten, Leben für Leben. Und darum vielleicht zu wenig die Provokation hören, die darin liegt, dass Johannes nun auf diesen Mann zeigt und sagt: „Das ist Gottes Lamm, welches der Welt Sünde trägt!“ Ich will das einmal ein bisschen umsprechen; vielleicht hören wir dann genauer zu. Dass unsere Welt eine kaputte Welt ist, voller Angst und Friedlosigkeit, das ist uns klar. Und dass wir dagegen etwas tun müssen, ist selbstverständlich. Und nun sage ich einmal so: Dieser Jesus ist Gottes Friedensbewegung, die dieser Welt den Frieden bringt. Die Friedlosigkeit dieser kaputten Welt, die ist uns klar. Darüber brauchen wir so wenig zu reden, wie die damals über die Sünde. Und dass dagegen etwas geschehen muss, und wir uns darum in unserer Friedens­bewegung einsetzen, darüber brauche ich in diesem Kreis nicht viele Worte zu verlieren. Aber gerade darum geht das dann, mindestens fürs erste, nicht ganz leicht ein, wenn ich sage: Dieser Jesus ist Gottes Friedensbewegung, die dieser kaputten friedlosen Welt den Frieden bringt. Dieser ist`s!

Es scheint so, wie wenn uns damit etwas genommen würde. Darum provoziert ein solches Prädikat, wenn ich es Jesus beilege. Denn wenn er Gottes Friedensbewegung ist, die dieser kaputten, friedlosen Welt den Frieden bringt, dann ist das mit unserer Friedensbewegung anscheinend nicht so sehr weit her. Und das Selbstgefühl, die Bestätigung, wie gut und wichtig und notwendig das ist, was wir da tun, die geht dann vielleicht zurück. Darum wollten wir ja auch gerne dieses Prädikat, das ich da Jesus angetragen habe, wieder zurückerhalten: Sicher ist Jesus Gottes Friedensbewegung. Das wird mindestens ausdrücklich niemand unter uns bestreiten. Dazu sind wir zu gut eingeübt in theologisches Denken und in die kirchliche Schätzung Jesu. Aber wir wollten dann gerne weitermachen: Mit uns, durch uns, durch unser Reden, unser Demonstrieren, unseren Einsatz wirkt Jesu. Er ist doch der, der mit dem heiligen Geist und mit Feuer tauft. Und wir als die durch ihn Getauften setzen uns ein für seine Sache. So wollen wir uns das Prädikat zurückholen, das uns genommen wird, wenn er es bekommt. Als ob uns durch Jesus etwas genommen werden könnte!

Dazu noch zweierlei: Einmal fasziniert mich die Interpretation des Täufers im Johannesevangelium. Seine ganze Wirksamkeit konzentriert sich auf dies eine:

Diesen Jesus bekannt zu machen. Darum tauft er die Menschen derer, die zu ihm an den Jordan herausgekommen sind, damit dieser Eine offenbar würde in Israel. Darauf kommt es anscheinend an, dass der bekannt wird, dass er nicht verborgen bleibt. Inkognito ist er da, aber nun soll Johannes dieses Inkognito lüften, ihn bekannt machen, ihn, durch den Gott diese kaputte Welt heil macht.

Der Mann ist das, von dem Johannes in verschlüsselten Worten spricht: Nach mir kommt ein Mann, der vor mir gewesen ist, denn er war eher als ich. Darum ist er Gottes Sohn, oder wie eine beachtliche Lesart lautet: Der Erwählte Gottes. Nämlich der, in dem Gottes Leben bei uns ist, verständlich und begründbar. Das ist die einzige Rettung für die kaputte Welt, dass ihr der Schöpfer nahe kommt. Deshalb tauft Johannes mit Wasser, und wir Pfarrer sollen's uns gefallen lassen, so weiter zu machen, wie Johannes.

Und weiter: Lassen wir ihm seine Prädikate, lassen wir ihm auch dies, das ich da einmal probeweise gebildet habe: Siehe, das ist Gottes Friedensbewegung, die dieser kaputten, friedlosen Welt den Frieden bringt. Mich jedenfalls stimmt das etwas gelassener, als wenn ich nicht so sagen könnte. Ich werde die Hände nicht in den Schoß legen. Ich will tun, was an mich herangetragen wird. Ich weiß aber dies: Unserer kaputten Welt ist geholfen, durch ihn. Und mir ist geholfen durch ihn. Nach mir kommt ein Mann, welcher vor mir gewesen ist; denn er war eher als ich. Er geht weiter. Ich gehe weiter. Denn er kommt. Amen


Herr, du kommst all unserem Tun zuvor durch deinen Sohn und Auserwählten Jesus Christus. Dafür danken wir dir.

Wir bitten dich für die Christenheit und alle, die du zu Zeugen Jesu bestellt hast: Lass uns daran genug sein, auf ihn zu weisen, wie Johannes der Täufer, und seinen Namen bekannt zu machen, in dem unser Heil begründet ist.

Wir bitten dich für diese friedlose Welt. Schaffe du Recht für die Rechtlosen; wehre der Gewalt und dem Hass. Gib uns Machthaber und Regierungen, die das gemeinsame Wohl suchen.

Wir bitten dich um deinen Segen für alle Arbeit. Gib den Armen ihr Brot, stärke die Schwachen, hilf den Kranken. Alles Leben, das dein ist, schütze, und gib jedem sein Auskommen und die Freude, damit wir dich loben mit allen deinen Geschöpfen. Amen