1.Advent 28.11.1982 St.
Laurentius Möhrendorf
Intr. 1
6,1-3 Macht hoch die Tür
1,1-5 Nun komm der Heiden
10,1-5 Wie soll ich dich
10,6
Luk 1, 67-79
Herr, unser Gott,
der du zu uns kommst mit
deinem Leben, mit deinem Licht, mit deiner Treue,
wir bitten dich,
erfülle an uns deine
Verheißungen, damit wir deinem Kommen voll Freude begegnen,
durch unseren Herrn Jesus
Christus, deinem Sohn, der mit dir und dem heiligen Geist lebt und regiert in
Ewigkeit. Amen
Liebe Gemeinde!
Da hat einer den Mund aufgemacht,
um zu loben. Vielleicht muss man schon voll Heiligem Geist sein, damit man
loben kann wie Zacharias, der Vater des Täufers Johannes. Wenn wir den Mund
aufmachen, dann sind wir ja eher dabei, zu jammern, als zu loben. Wir haben
unsere Sorgen am Hals, jeder die eigenen, und wir alle miteinander unsere
gemeinsamen. Und mit diesen Sorgen am Hals sehen wir unsere Welt an, und haben
dann noch und noch Grund zum Jammern. Der alte Mann, der da Gott lobte, und
alle, die ihm seither seinen Lobgesang nachgesprochen, nachgebetet, nachgesungen
haben, die hatten vielleicht auch ihre Sorgen am Hals. Aber sie haben gelobt.
Und wer so lobt, dem hängen nicht die Sorgen am Hals, und mit den Sorgen eine
Welt, über die er dann wirklich nur jammern kann. Wer lobt, der macht die
Welt fest an Gott. – Der hängt diese Welt im Loben Gott an den Hals, wie sie
in Indien ihren Göttern Blumengirlanden um den Hals hängen. Und dann sieht
diese Welt anders aus. Das ist die wahre Welt, die Welt, die im Loben Gott
um den Hals gehängt wird. Glaubt ihr`s nicht?
Gehen wir einmal durch, was
da zu sagen ist – das Lob des Zacharias und unser Jammern: Gelobt sei Gott,
weil er gekommen ist. Nicht nur das: Er hat uns den rechten Herrn und König
gegeben, den, der uns helfen kann. Und dann schauen wir auf unsere Herrn und
Regenten: Ein Elend ist es, ich trau ihnen nicht und erwarte nichts von ihnen,
von den neuen noch weniger als von den alten. Gelobt sei Gott, weil er uns
rettet. Da gibt es nichts, was ihn hindern kann, die Welt nicht und der Teufel
nicht, kein Kommunist und kein Militärdiktator, nicht das Leben und nicht der
Tod.
Und wir jammern wegen dem,
was auf uns zukommt – bedrohlich in der Tat. Dass die Zahl der Arbeitslosen
immer höher wird, ist böse, und dass die Wälder sterben, ist schrecklich. Wie
soll das weitergehen? Gelobt sei Gott, der den Vätern Barmherzigkeit erzeigt,
und lässt das Leben weitergehen – und wir Väter wissen nicht, wie lange es noch
dauert und jammern über das, was wir unseren Kindern angerichtet haben. Da ist
Gottes Volk, das ihm dient, furchtlos, heilig und gerecht. Und wir mit unseren
Sorgen um den Hals trauen uns noch nicht einmal, ein klares Wort zu sagen. Wir
sind gefangen in unseren Ängsten, die uns treiben, weiterzumachen, weiter zu
bauen und auszubeuten, zu rüsten und zu drohen. Wir stecken in unseren
Sachzwängen und können nicht umkehren, obwohl wir genau wissen: so kann es doch
nicht weitergehen. Da ist das Kindlein, Johannes der Täufer, mit einer Aufgabe
vor sich, gewaltig und herrlich. Wir wissen, sie war nicht leicht, diese
Aufgabe, und führte ihn in Gefängnis und Tod. Aber was für eine Zukunft war
das. Und wir? Was werden unsere Kinder für eine Zukunft haben? Werden sie
gebraucht? Die Studenten hier, die predigen lernen wollen, und denen man seit
Jahren vorjammert von der Theologenschwemme und vom Pfarrerberg, der auf uns
zukommt. Da heißt es: Heil, Vergebung der Sünden, Befreiung aus dem, was
gewesen ist. Und wir sind verstrickt in unsere Gewohnheiten, in unsere Lüge,
und Trägheit, in Verschwendung und Hochmut, Blindheit und Verstockung, und
wollen ihn nicht sehen, den armen Lazarus vor unserer Tür, wie der reiche Mann
im Gleichnis – lassen ihn verkommen in Hunger und Elend und Unfreiheit. Da geht
das Licht auf, Gottes Licht, der Aufgang aus der Höhe, Gottes Wort, das uns
sagen will, was ist. Und wir sehen das Dunkel auf uns zukommen, und die Lichter
verlöschen, wenn es denn zu Ende gehen muss mit unserer technischen Welt – über
kurz oder lang zu Ende gehen muss. Die, denen Gottes Wort und Licht aufgeht, die
finden den Weg des Friedens. Und uns fällt nichts ein, als weiterzurüsten, und
das dann allenfalls mit erbärmlichen Worten zu kaschieren (die MX-Raketen
heißen dann die Peace keeper, die Friedensmacher!)
Es ließe sich lange so
weitermachen, das Gotteslob gegen unseren Jammer und unseren Jammer gegen dies
Gotteslob halten. Ich will es mit diesen Beispielen genug sein lassen. Ich
frage weiter: Ist das eigentlich die gleiche Welt – die Welt unseres Jammern
und die Welt, die bestimmt ist durch den Advent, durch das Kommen Gottes, die
Welt, von der Zacharias in seinem Lobgesang redet? Es wäre eine billige
Auskunft, da nun zu sagen: Jetzt haben wir recht mit unseren Sorgen und mit
unserem Jammern – aber wenn Gott kommen wird, dann wird es anders aussehen, und
dann können wir auch loben. Das wäre eine zu billige Auskunft. Sicher sieht die
Welt anders aus, wenn sie nur in Gestalt meiner Sorgen am Hals hängt; uns sie
sieht anders aus, wenn sie Gott in solchem Gotteslob entgegengebracht und ihm
ungehängt wird. Das Loben macht die Welt an Gott fest.
Und ob ich das glaube oder
nicht: so ist sie, diese Welt! Zacharias ward des Heiligen Geistes voll, und
redete, und sagte in seinem Loben, wie es ist! Aber wenn die Welt, unsere
Welt, so ist, weil Gott zu ihr hält, weil er gekommen ist und kommt und kommen
wird – hießt das dann nicht auch: Wir lügen – wir mit unserem Jammern. Wenn
ich den Mund aufmache, nicht nur auf der Kanzel, und wenn ich sagen soll,
wie es mit meiner Welt steht: Da kommt mir das Jammern ganz geläufig von den
Lippen! Ihr wisst das alle, und ich brauche es nicht zu wiederholen, und jetzt
noch einmal vorzuführen, wie geläufig ich jammern kann. Aber ich will doch
nicht lügen! Ich will doch richtig reden, wie es sich für einen Christen,
einen Pfarrer, einen Professor gehört. Ich will richtig reden, von mir, und
meiner Welt, von dem Leben und von dem, was war, und ist und kommt. Das heißt
dann aber: Nicht jammern, sondern loben.
Jammern, das geht mir ganz
geläufig über die Lippen. Aber loben? Ich habe es versucht, und bemerkt, wie
das gar nicht so einfach ist. Loben – weil Gott bei uns ist, weil er kommt
und kommen wird. Darum ist der Himmel blau, darum ist die Luft frisch, darum
brennt der kalte Wind und Regen auf der Haut, und ich kann das Leben fühlen.
Da sind die Worte. Ich würde sie nicht finden, wären sie mir nicht gesagt:
Schaut die Vögel unter dem Himmel an, und die Lilien auf dem Felde. Gott sagt
uns diese Worte, der Aufgang aus der Höhe, das Licht, das mir das Leben erleuchtet.
Da ist die Gewissheit: Er bleibt dabei, dieser Gott.
Dem Abraham hat er’s geschworen,
und hat es eingelöst in Jesus Christus. Ich kann mir`s vorsagen: Darum bin
ich gewiss, dass weder Tod noch Leben….. noch keine andere Kreatur kann uns
scheiden von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn.
Ich versuche, zu loben –
das Leben, und das Wort, und die Gewissheit. Die Macht und Herrlichkeit, das
Licht und die Wahrheit, die freundliche Nähe Gottes. Er ist da: Gekommen,
und kommt, und wird kommen. Das heißt Advent: Er kommt als der Vater, und
der Sohn, und der Heilige Geist. Wahr wird unsere Welt, wahr wird unser Leben,
wenn wir`s ihm entgegen tragen im Lob und an ihm festmachen. Und vielleicht
sind die alten Worte des Lobes da noch besser, als unser Gestammel, und wir
können mit dem Zacharias sprechen: Gelobet…..Lob und Preis sei Gott dem Vater
und dem Sohn und dem heiligen Geist, wie es war im Anfang, jetzt und immerdar,
und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.
Herr, diese Welt gehört dir,
und du erhältst sie in deiner Güte und Treue.
Wir bitten dich für deine
Gemeinde an diesem Ort und an allen Orten, wo sich Menschen um dein Evangelium
versammeln: Gib uns die Gewissheit deiner Nähe, damit wir loben, was dir
gehört, und dein Heil bezeugen in unseren Reden und Tun.
Wir bitten dich für unser
Volk, für die Politiker, in Parteien und Verbänden, für alle, die für das
gemeinsame Wohl Verantwortung tragen. Gib ihnen Einsicht und Gemeinsinn, lass
sie so entscheiden, wie es uns allen dienlich ist. Wir bitten dich um Frieden
für uns und alle Völker.
Wir bitten dich für alle
Menschen, die mit uns in dieser Welt leben: Gib ihnen Arbeit und Brot,
Zuwendung und Hilfe; lass sie dein Leben erfahren. Wehre du der Ausbeutung und
der Vergeudung, und lass uns mit allen deinen Geschöpfen in Frieden leben, wie
du verheißen hast.