Letzten nach dem Erscheinungsfest 11.2.1962  Wolfenhausen / Nellingsheim

 

496,1-5               Der Herr ist gut (39)

46,1-5                 Herr Christ, der einig (98)

496,8                  Der Herr ist gut (39)

(147           Oh Gott und Vater (76))

410,7                  Wie schön leuchtet (257)

 

Mt 17,1-9

2.Petr 1,16-21

 

Liebe Gemeinde!

Nur die Gewissheit des Glaubens kann uns helfen – nichts sonst. Eine Gewissheit, die sich nicht „draus“ bringen lässt. Eine Gewissheit, die wirklich begründet ist. Nicht kluge Fabeln helfen uns, wie es hier heißt, sondern einzig und allein jene Gewissheit des Glaubens. Nicht schöne und tröstliche Gedanken helfen uns, wie sie vielleicht dieser oder jener kluge Mensch ersinnen mag. Helfen uns dann nicht, wenn unser Leben auf die Probe gestellt wird. Freilich, solange alles gut geht, mag sich einer schon mit seiner Philosophie trösten, dass das Leben nun einmal so sei, wie es ist, und dass man daran nichts ändern könne. Solange alles glatt läuft, und uns höchstens der eine oder andere kleine Ärger ein wenig angreift, solange können wir uns mit ein paar Redensarten und Lebensweisheiten schon helfen. Solange werden wir auch nicht nach der Gewissheit unseres Glaubens zu fragen brauchen. Da können wir uns begnügen mit ein paar Gewohnheiten, und ein paar Bibelsprüchen und einigen frommen Bildern und Gedanken, die wir aus früheren Zeiten im Kopf haben. Aber das alles hilft uns dort nicht, wo unser Leben auf die Probe gestellt wird. Es hilft uns dort nicht, wo uns der Schmerz packt. Der Schmerz über die Vergänglichkeit dessen, woran unser Herz hängt. Mag es nun sein, dass ein Lebensplan, in welchen wir viel Zeit und Kraft und Vermögen gesteckt haben, scheitert. Mag es sein, dass ein Mensch, der unserem Herzen teuer gewesen ist, uns genommen wird – oder, was vielleicht noch schlimmer ist – unsere Liebe zurück stößt, nicht mehr von uns wissen will, seine eigenen Wege geht und uns allein lässt. Da merken wir dann: Wir können nicht halten, was uns wert ist. – Mag es sein, dass wir selber den Tod ins Auge sehen, dass uns das plötzlich überfällt: Er steht neben dir, er begleitet dich getreulich, dein Tod. Du kannst ihm nicht entrinnen. Wo du auch bist, er ist dabei. Er wartet auf seine Stunde, wo er seine Hand ausstrecken und dich mit sich reißen wird. – Mag es sein, dass das Bild, welches wir von uns selber haben, plötzlich zerbricht. Die Rechtschaffenheit, die Güte, die Anständigkeit, auf die wir so stolz gewesen sind, dass sie plötzlich zurück weichen und wir in den Abgrund unseres Herzens schauen. Dass wir erkennen, wozu wir fähig sind! Es mag sein, dass wir noch nicht einmal zum Tun kommen, dass wir aus Furcht vor Strafe, aus Rücksicht auf unser Ansehen, aus Konvention und Sitte uns noch einmal beherrschen: Aber wir sehen dann wohl, wer wir sind. Wir erkennen die Macht der Begierde in unserem Herzen. Wir merken, wie dünn die Dämme sind, die uns davor schützen sollen, dass die Dunkelheit, die in unseren Herzen schlummert, hervor bricht aus uns, sich entlädt in Taten, die böse sind – wie der Grund unseres Herzens. Da wird unser Leben auf die Probe gestellt! Da merken wir, wie wir dran sind. Da, wo es uns überfällt, schmerzlich und beängstigend, dass wir nicht halten können, was uns teuer ist. Da, wo wir ihn spüren, den stummen Begleiter, den Tod, der mit jedem von uns geht. Da, wo wir die Macht des Bösen erkennen, die in uns steckt. Da wird es auf die Probe gestellt, unser Leben – und wir werden gefragt nach dem Grund, der dieses Leben trägt. Seht – da helfen dann ein paar allgemeine Lebensweisheiten und ein paar kluge Redensarten nicht mehr. Da helfen auch ein paar fromme Sprüche nicht mehr. Da sind wir gefragt nach der Gewissheit unseres Glaubens. Denn soll er uns helfen, dieser Glaube, dann muss er noch gewisser sein, als Vergehen, Tod und Sünde, die uns bedrohen. Dann muss er noch gewisser sein, als das, was wir da, beängstigend nahe und wirklich, verspüren, wenn unser Leben auf die Probe gestellt ist.

Seht: Da muss es sich dann erweisen, dass wir nicht klugen Fabeln gefolgt sind – sondern dass unser Glaube wirklich Grund hat. Danach fragen wir vielleicht gar nicht – so klar und selbstverständlich scheint uns der Grund dieses Glaubens von vorneherein zu sein. Aber: Wir werden danach gefragt, liebe Freunde, werden danach gefragt, wenn unser Leben auf die Probe gestellt wird. Und wohl uns, wenn wir dann die Antwort bereit haben. Dann werden wir gewiss sein müssen – denn dann, wenn wir so gefragt werden, gefragt werden von der Wirklichkeit des Vergehens, des Todes und der Sünde – dann, wenn wir so unbarmherzig ins Gebet genommen werden, dann gibt es keinen Ausweg mehr, kein Ausweichen, kein Sich-Drücken, und jene Frage, was denn der Grund unseres Glaubens sei, dann werden wir Bescheid wissen müssen. Und werden sagen können: So gewiss die da sind, das Vergehen, der Tod, die Sünde: Mein Glaube ist noch gewisser. Denn er hängt nicht an Worten und Menschengedanken, sondern er hängt an der Wirklichkeit meines Heilandes. Das ist doch nichts Ausgedachtes und Fernes und Unwirkliches – das der gelebt hat, Jesus. Dass er – mehr noch – um meinet willen sein Leben hingeopfert hat am Kreuz. Darauf kann ich mich doch verlassen, felsenfest! Wohl: Es ist gut, wenn wir ihn kennen. Wohl – es ist gut, wenn uns sein Bild nahe ist, gerade dann uns nahe ist, wenn unser Leben auf die Probe gestellt ist. Es ist gut, wenn wir  uns vertiefen in das, was uns über ihn berichtet wird – in das, was uns jene überliefert haben, die Augenzeugen seines Erdenlebens gewesen sind. Es ist gut, wenn sein Bild Farbe gewinnt. Wenn wir nicht bloß den Namen kennen, uns damit begnügen, einige Geschichten von ihm zu wissen. Sondern wenn er deutlich vor uns steht. So deutlich, als hätten wir ihn selbst gesehen. Wenn wir seine Worte wirklich kennen. Wenn wir mit seinem Tun wirklich vertraut sind, gerade dort mit diesem Tun vertraut sind, wo es seltsam ist, und auch ungewohnt und anstößig ist. Ich sage: Da, wo unser Leben auf die Probe gestellt wird – da müssen wir ihn kennen, Jesus, den Grund unseres Glaubens. Müssen ihn kennen, als hätten wir ihn selbst gesehen. Dann begreifen wir: Es ist nichts menschliches, nicht kluge Fabeln, nicht, was sich menschliche Köpfe ausgedacht haben, was die Gewissheit unseres Glaubens ausmacht, in der wir bestehen können, gerade dort bestehen können, wo unser Leben auf die Probe gestellt ist, wo es die Tiefen erfährt, das Vergehen, den Tod, die Sünde.

Aber freilich: Wird man nun nicht dagegen gerade mit Recht einwenden können: Du redest von deinem Heiland. Du tust so, als ob du ihn kenntest. Aber du hast ihn ja gerade nicht gesehen. Du bist ja darauf angewiesen, dass eben anzunehmen, was dir andere von ihm erzählen. Aber kann dir das helfen? Kann dich das retten? Was du doch nur vom Hörensagen kennst?

Dagegen weist uns unser Text hin auf die Bibel: „Und wir haben desto fester das prophetische Wort, und ihr tut wohl, dass ihr darauf achtet als auf ein Licht, das da scheint an einem dunklen Ort!“ Seht – wir können ihn nicht herbei zwingen, dass wir mit unseren Sinnen uns seiner versichern könnten, unseren Heiland. Aber wir können die Schrift danach befragen, das Alte Testament! Das zeigt uns, wie Gottes Wege, die er mit seinem Volk Israel gegangen ist, auf ihn hinweisen. Das zeigt uns, dies prophetische Wort, die göttliche Notwendigkeit, die hinter seinem Leben und hinter seinem Sterben steht. Und wo wir die erkannt haben, da könne wir seiner erst recht gewiss sein und die Probe des Glaubens bestehen. Amen.